Frage an Henning Otte von Gerhard V. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrter Herr Otte,
Sie haben sich für die Einführung eines Betreuungsgeldes ausgesprochen. Haben Sie aus wirklicher Überzeugung so abgestimmt oder nur aus Solidarität zu Ihrer Partei?
Während meiner Mitarbeit in der Ratsfraktion der CDU im Celler Stadtrat gab es solch einen Fraktionszwang nicht. Ist das bei Ihnen in Berlin anders?
Oder finden Sie es ewa wirklich richtig, Familien eine Prämie zu zahlen, wenn Sie ihre Kinder nicht in die Kita schicken? Zugegeben, die Kindergärten und Krippen sind personell mangelhaft ausgestattet. Um hier Verbesserungen zu erreichen ,dafür sollten Sie sich einsetzen, damit die Kitas wirklich die Bezeichnung Bildungseinrichtung verdienen.
Die Einführng des Betreuungsgeldes war für mich Grund, aus der CDU auszutreten. Durch Ihr Abstimmungsverhalten sehe ich meinen Entschluss bestätigt.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Vasterling
Sehr geehrter Herr Vasterling,
zu Ihrer Frage möchte ich vorab eines klarstellen: ich habe am 8. November gegen einen populistischen Antrag der SPD-Fraktion gestimmt, nicht gegen die Offenlegung von Nebeneinkünften.
Zunächst einige Fakten: Entgegen der öffentlichen Meinung üben von den derzeit 620 Abgeordneten des Bundestages etwa 70 Prozent überhaupt keine entgeltlichen Nebentätigkeiten aus. Betrachtet man die Berufsstruktur des Bundestages, so ist festzustellen, dass rund 30 Prozent Selbständige aus den Bereichen Industrie, Gewerbe, Handwerk und Landwirtschaft stammen sowie freiberuflich tätig sind. Diese Kolleginnen und Kollegen können sich für die Dauer ihrer Parlamentszugehörigkeit nicht völlig aus ihrem Unternehmen, ihrem Betrieb oder ihrer Kanzlei bzw. Praxis zurückziehen. Ansonsten müssten sie erhebliche berufliche Nachteile nach ihrem Ausscheiden aus dem Bundestag befürchten. Dies wiegt umso mehr, da Abgeordnete mit ihrem Mandat lediglich einen zeitlich begrenzten Auftrag des Wählers übernehmen. Die Verankerung des Abgeordneten in seinem Beruf stärkt zudem seine Unabhängigkeit, auch gegenüber seiner eigenen Fraktion und Partei.
Klar ist aber auch: Die Öffentlichkeit hat ein berechtigtes Interesse an der Offenlegung von Einkünften der Abgeordneten. Es muss für jeden deutlich sein, ob ein Abgeordneter in seiner Mandatsausübung auch wirtschaftlich frei und dem Auftrag seiner Wählerinnen und Wähler verpflichtet ist. Dies darf jedoch nicht unter Aufgabe seiner Bürgerrechte geschehen. Das geltende Stufenmodell wurde gerade deshalb gewählt, weil zwischen den Grundrechten der Abgeordneten und dem berechtigten öffentlichen Interesse an der Veröffentlichung von Nebeneinkünften der Abgeordneten abzuwägen war.
Auch Bundesverfassungsrichter haben im Urteil des BVerfG vom 04. Juli 2007 gerade nicht den „gläsernen“ Abgeordneten gefordert. Vielmehr kamen sie zu dem Ergebnis, dass in Stufen pauschalierte Aussagen über die Höhe der Einkünfte und die Art der Tätigkeit ein taugliches Mittel sind, auf mögliche Interessenverknüpfungen und ihren Umfang hinzuweisen.
Ungeachtet der aktuellen Debatte besteht seit längerem Einigkeit, bei den Nebentätigkeiten von Abgeordneten noch mehr Transparenz herzustellen. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion befürwortet eine deutlich erweiterte Stufenregelung. Die höchste Stufe der Einkünfte soll künftig im sechsstelligen Bereich liegen, damit die Größenordnung der Einkünfte klarer als bisher erkennbar wird.
Mit freundlichen Grüßen
Henning Otte