Frage an Henning Otte von Fred E. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Otte,
ich möchte Sie bitten, sich in Ihrer Partei vehement dafür einzusetzen, das Deutschland nicht für die Schulden anderer Euroländer haften muß. Ich halte es für Unmöglich das sich die Bundes- kanzlerin von Ländern wie Italien u. Spanien "ja über den Tisch ziehen läßt", das diese Länder jetzt nicht einmal mehr die notwendigen Auflagen dafür erfüllen wollen. Ich habe 40 Jahre immer die CDU gewählt. Sollten aber wir die Schulden der anderen mit über- nehmen, kann ich der CDU nict mehr meine Stimme geben. Ich könnte noch viele viele Gründe zu diesem Thema anführen, aber ich denke Sie sehen auch so schon wie mich diese Ange- legenheit bedrückt.
Bitte schauen Sie sich nur die Abstimmung im Internet an wie die Menschen abgestimmt haben.
Mit freundlichen Grüßen
Fred Eggert
Sehr geehrter Herr Eggert,
vielen Dank für Ihre Frage auf Abgeordnetenwatch, in dem Sie Kritik am Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) und zur Finanzhilfe für Spanien äußern.
Ich versichere Ihnen, dass ich die weit verbreitete Sorge über die Entwicklung in einigen Ländern der Eurozone sehr gut nachvollziehen kann.
Es ist für alle offensichtlich geworden, dass die Währungsunion in der Form, wie sie in den ersten Jahren ihrer Existenz aufgestellt war, nicht dauerhaft existieren kann. Wir arbeiten daher konsequent an einer verbesserten Stabilitätsarchitektur für Europa, zu der der ESM einen wesentlichen Beitrag leisten wird.
Was Spanien betrifft so hat das Land bereits umfangreiche Reformen unternommen und zuletzt in einem Gesamtpaket eine Konsolidierung des Haushaltes bis 2014 von insgesamt rd. 56 Mrd. € beschlossen. In der Vereinbarung mit EFSF soll Spanien sich zudem zu weiteren makroökonomischen Konditionalitäten verpflichten. Das bedeutete insbesondere zu Reformen in den Bereichen Rente, Arbeitsmarkt, Finanzpolitik und Liberalisierungen auf den Produkt- und Dienstleistungsmärkten.
Wir haben uns in Europa schon im vergangenen Herbst auf ein Verfahren verständigt, nach dem zunächst die großen europäischen Banken schrittweise so viel Eigenkapital vorhalten müssen, dass sie auch im Fall sehr ungünstiger wirtschaftlicher Entwicklungen ihre Verluste noch selbst tragen können.
Dies sollte in drei Schritten geschehen. Zunächst waren die Banken gefordert, sich bis Ende Juni 2012 selbst am Markt zu rekapitalisieren. Wenn sie es nicht schaffen dann sollen nationale Stabilisierungsfonds nach dem Muster des in Deutschland bestehenden „Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung" einspringen.
Wenn ein Staat dies nicht leisten kann und die Stabilität des Euro hierdurch gefährdet ist, kann als letzte Möglichkeit der temporäre Rettungsschirm EFSF bzw. später der ESM dem betroffenen Staat unter Auflagen Beistand leisten.
Spanien hat derartige Hilfen zur Rekapitalisierung seiner Banken auf der Basis dieses bestehenden Instrumentariums von EFSF/ESM beantragt. Ähnlich wie in Deutschland muss es darum gehen, notleidende Banken bei ihrer Umstrukturierung zu unterstützen oder geregelt abzuwickeln. Vor Einsatz öffentlicher Mittel sind zunächst die Eigentümer finanziell zu beteiligen und nicht zuletzt sind auch die Managementvergütungen zu beschränken.
Die Staatsschuldenkrise im Euroraum hat sich zu einer handfesten Krise des Vertrauens in die Architektur der europäischen Währungsunion entwickelt. Das Überwinden dieser Vertrauenskrise durch das Vervollständigen der Währungsunion in Form einer echten Stabilitätsunion stellt uns vor eine große Herausforderung
Für Europa und für Deutschland geht es um sehr viel. Ein Auseinanderbrechen des Euro könnte uns nicht nur politisch und gesellschaftlich, sondern auch wirtschaftlich um viele Jahre zurückwerfen.
Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung hat in seinem Sondergutachten vom 6. Juli 2012 noch einmal betont, welch gewaltigen volkswirtschaftlichen Risiken für ein international stark verflochtenes Land wie Deutschland mit einem unkontrollierten Auseinanderbrechen der Eurozone verbunden wären. Hier geht es finanziell um wesentlich größere Dimensionen als die im Rahmen der Stabilisierungsmaßnahmen eingegangenen Haftungssummen.
Insgesamt bin ich daher von der Notwendigkeit der beschränkten Finanzhilfen gegen konkrete Gegenleistungen überzeugt. Ziel aller jetzigen und zukünftigen Maßnahmen darf aber nur die kurzfristige zielgerichtete Krisenhilfe sein, ganz ausdrücklich nicht die dauerhafte Alimentierung von Staaten.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Henning Otte