Frage an Henning Otte von David M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Otte,
auf Landesebene gibt es bereits Instrumente der direkten Demokratie (Bürgerbefragung etc.). Auf Bundesebene wird dies von vielen Politikern der Union weiterhin abgelehnt, oftmals mit fragwürdigen Begründungen, wonach das Volk nach Ansicht dieser Politiker wohl nicht mündig genug sei, bestimmte Entscheidungen zu treffen. Wie ist Ihre Meinung dazu?
Mit freundlichem Gruß
David Meixner
Sehr geehrter Herr Meixner,
vielen Dank für Ihr Schreiben, in dem Sie sich zu dem Thema der direkten Demokratie auf Bundesebene äußern.
Seit über 60 Jahren hat die repräsentative Demokratie unserem Land Stabilität in Frieden und Freiheit gegeben. Das gilt auch für die innerstaatliche Beständigkeit unseres gesellschaftlichen Gefüges. Großprojekte erfordern oftmals jahrzehntelange Planungsverfahren. In dieser Zeit können Stimmungen und Meinungen der Bürger zu den oftmals schwierigen Projekten durchaus schwanken. Bei Volksentscheiden birgt dies die Gefahr wahltaktischer Stimmungsmache, wie das Beispiel von Stuttgart21 deutlich zeigt. Die repräsentative Demokratie leistet die dazu notwendige Kontinuität und Stabilität und das unabhängig von Stimmungsmache.
Es ist verständlich, dass die Bürgerinnen und Bürger in die Entscheidungsprozesse der Regierung mit eingebunden werden möchten. Auf der Landesebene und in den Kommunen wird das Prinzip der direkten Demokratie bereits erfolgreich umgesetzt. Aber im Gegensatz zu einem Volksentscheid, dessen Fragen mit Ja oder Nein zu beantworten sind, können bundespolitische Fragen nicht einfach entschieden werden. Im Deutschen Bundestag wird ein Verfahren zur Gesetzgebung angewandt, dass ein hohes Maß an thematischer Tiefe und Flexibilität erlaubt. Dieser Weg bietet den notwendigen Spielraum für Änderungen und Anpassungen. Es wird eine dokumentierte und transparente Methode mit detailreicher Abstimmung gewährleistet, das bei Volksentscheiden in dieser Intensität schlichtweg fehlt.
Denn unser bestehendes Gesetzgebungsverfahren ist ein lernendes Verfahren. Nach der ersten Lesung schließt sich eine intensive Beratung in den Ausschüssen an, in dem auch Sachverständigenanhörungen und Gespräche mit Experten und Berichterstattern durchgeführt werden.
Abschließend kann ich Ihnen mitteilen, dass ich der repräsentativen Demokratie, wie wir sie schon seit 60 Jahren in Deutschland ausführen, vertraue und mich zukünftig weiter für diese Form von Demokratie auf Bundeseben in Deutschland einsetzen werde.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit meinen Ausführungen behilflich sein und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Henning Otte