Frage an Henner Schmidt von Frank B. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen
Eine Nachfrage zur Beantwortung vom 19.8.06 der Frage von Nils Augustin vom 4.8.06
Sehr geehrter Henner Schmidt,
sie stellen in Ihrer Beantwortung die Behauptung auf, dass der Bebauungsplan I-B 5 zur Sicherung der Wohnnutzung im Sanierungsgebiet Spandauer Vorstadt folgende Konsequenzen hätte: "Die Vorschläge der Grünen .... laufen eindeutig auf eine Verdrängung und Schließung bestehender Clubs und Kneipen hinaus." Behauptungen sind das eine, Fakten das andere. Ich bitte Sie daher die Frage zu beantworten: In welcher Passage (genauer Wortlaut und nicht Ihre idiologischen FDP-Interpretationen) des derzeitigen Bearbeitungsstandes des Bebauungsplanentwurfes ist beschrieben, dass die Umsetzung des Bebaungsplanes zur " Verdrängung und Schließung bestehender Kneipen" führt bzw. das mit diesem Plan dieses beabsichtigt wird. Sollten Sie diese Passage finden, so bin ich gern bereit, Ihnen und Herrn Augustin darauf einen Kasten Sekt auszugeben und ihre Anwaltszulassung als "Anwalt gegen die Friedhofsruhe" zu lobpreisen.
Mit freundlichen bündnisgrünen Grüßen aus der Betroffenenvertretung Spandauer Vorstadt (BVSpV),
Lieber Frank Bertermann,
vielen Dank für die Nachfrage, die – wie von einem Kandidaten für das Amt des Bezirksstadtrates für Stadtentwicklung zu erwarten - geschickt gestellt ist. Ich möchte die Frage deshalb erst inhaltlich beantworten und dann auf einzelne Punkte eingehen, die Sie durch Ihre Art der Fragestellung etwas ausgeblendet haben.
Es geht hier um eine ganze Serie von Bebauungsplänen (Pläne I-B5 a bis I-B5 v/ I-B24 b). Der neueste offizielle Stand, der mir vorliegt, geht davon aus, eine ganze Menge Bereiche als „allgemeines Wohngebiet“ zu deklarieren. Die Definition von „allgemeinem Wohngebiet“ bedeutet, dass dort nur Gastronomie mit lokalem Einzugsgebiet möglich ist. Die Eckkneipe für die direkte Nachbarschaft ist erlaubt, der Club oder das Restaurant, das über den Kiez hinaus Kundschaft anzieht, nicht. Zusätzlich ist in den Plänen definiert: „darüber hinaus können die ... allgemein zulässigen Schank- und Speisewirtschaften, die der Versorgung des Gebietes dienen, nur ausnahmsweise zugelassen werden“ – also selbst die Eckneipe ist im Prinzip hier ausgeschlossen. Wenn Sie jetzt die Karte der Clubs und Kneipen mit der Karte der „allgemeinen Wohngebiete“ abgleichen (beides finden Sie im Bebauungsplan) werden Sie feststellen, dass diese eine ganze Menge Überlappungen haben – z.B. entlang der August- und der Tucholskystraße. Damit ist die von mir beschriebene Verdrängung oder Schließung nur noch eine Frage der Zeit.
Sie haben Ihre Frage mit einigen besonderen Punkten gestellt, die ich gerne hervorheben möchte:
1. Ihr Hinweis auf den „neuesten Stand der Bearbeitung“
Traditionell haben Sie aufgrund Ihrer engen Verbundenheit mit dem Bezirksamt in der Regel einen Stand der Bearbeitung, der anderen Fraktionen und den Bürgern noch nicht vorliegt. Das Bestehen auf dem „neuesten Stand“ hat aber vielleicht damit zu tun, dass in älteren Ständen klarere Sätze zu Ihren Absichten stehen. Ich zitiere mal aus dem Stand der Bebauungspläne vom 13. August 2004: „Gefährdung des Gebietes...“, „Die nach ständiger Veränderung dürstende Touristen-/ Gaststätten- und Kulturszene war von ... der rasanten Entwicklung des Gebietes fasziniert“, „... eine .. im gesamten Bundesgebiet bisher ungekannte Gaststättendichte. .... wahre Besucherströme....“, „So ist eine weit über die Stadtgrenze hinaus bekannte Clubszene entstanden.“ „Die Spandauer Vorstadt droht, sich ... zu einem Vergnügungsviertel und Dienstleistungsstandort zu entwickeln...“
Das wurde später im Wortlaut alles gestrichen- der Geist, der hinter diesen Plänen steckt, hat sich jedoch nicht geändert.
2. Ihr Bestehen auf „einer Passage im Wortlaut“
In Ihren Plänen steht natürlich nicht explizit „wir wollen Clubs und Kneipen schließen und verdrängen“. Wie oben gezeigt, bedeutet die besonders enge Definition des „allgemeinen Wohngebietes“ aber genau das. Das müsste für den Kasten Sekt reichen....
Ich denke, man sollte die Menschen nicht mit juristischen Feinheiten und planungsrechtlichen Spezialformulierungen verwirren. Sagen Sie doch einfach klar und offen, was Sie wirklich wollen und schauen Sie, ob Sie dafür eine Mehrheit finden. Ich bin jedenfalls gegen diese Bebauungspläne.
Viele Grüße,
Henner Schmidt