Frage an Helmut Brandt von Calvin B.
Hallo Herr Brandt,
können Sie erläutern, aus welchen Gründen sie heute gegen die "Ehe für Alle" gestimmt haben? Denken Sie, dass Sie mit dieser Entscheidung die mehrheitliche Meinung unseres Wahlkreises repräsentieren?
Mit freundlichen Grüßen,
Calvin Becker
Sehr geehrter Herr Becker,
vielen Dank für Ihre Frage.
Zum einen lässt das übereilte Hauruck-Verfahren, mit dem die SPD das Gesetz durchgepeitscht hat, erhebliche verfassungsrechtliche Fragen offen: Reicht es, die entsprechenden Normen im Bürgerlichen Gesetzbuch zu ändern oder müssten wir nicht sogar das Grundgesetz ändern? Nach meinem Dafürhalten – das Bundesministerium des Innern tendiert ebenfalls zu dieser Auffassung – ist eine einfachgesetzliche Regelung im BGB unzureichend. Außerdem sollte ein derart weitgehendes Gesetzesvorhaben mit allen Vertretern der Zivilgesellschaft ausführlich beraten und nicht in wenigen Tagen durch das Parlament gejagt werden.
Inhaltlich finde ich es toll und unterstütze es, wenn zwei Menschen füreinander Verantwortung übernehmen wollen. Deshalb gibt es auch die eingetragene Partnerschaft, die gleichgeschlechtliche Beziehungen mit Ehen nahezu gleichstellt. Sie ermöglicht den Partnern eine rechtliche Absicherung ihrer Beziehung, honoriert diese Bindung auch finanziell und ist ein gesellschaftlich respektiertes Symbol der Liebe und Zusammengehörigkeit. Der Wesensgehalt einer Ehe im verfassungsrechtlichen Sinne ¬– Karlsruhe hat das in seiner Rechtsprechung bislang immer bestätigt – umfasst aber schlicht und ergreifend die Möglichkeit, als Keimzelle von Familie und Staat zu dienen. Deswegen ist eine eingetragene Partnerschaft keine schlechtere oder bessere Beziehung, aber eine minimal andere. Insofern finde ich die begriffliche Differenzierung angemessen, werde aber die Mehrheitsentscheidung des Deutschen Bundestages diesbezüglich natürlich respektieren.
Ich habe aus dem Wahlkreis sowohl zustimmendes als auch kritisches Feedback auf meine Entscheidung erhalten.
Ich hoffe, meine Antwort hilft Ihnen weiter.
Mit freundlichem Gruß nach Stolberg
Helmut Brandt