Frage an Helmut Brandt von Andreas K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr MdB Brandt,
für mich als Bürger erschließt sich der Sinn dieses Gesetzes nicht, abgesehen von unschönen Zensur-Unterstellungen. Die Meinungsfreiheit ist in einer Demokratie ein hohes, schützenswertes Gut. In Deutschland jedoch nicht schrankenlos, da eingeschränkt durch bspw. §86a StGB oder §130 StGB.
Diese Regelungen haben sich seit Bestehen der BRD über Jahrzehnte bewährt.
Es ist sicher gestellt, dass unbequeme oder in unseren Augen verrückte Meinungen geäußert werden können, genauso wie Meinungen, die unsere volle Unterstützung haben. Jede Äußerung muss sich nur innerhalb der gesetzlichen Schranken bewegen. Erstmal unabhängig davon ob die Meinung im Netz oder "auf der Straße" geäußert wurde. Wenn jemand zum Beispiel eine volksverhetzende Äußerung in einem sozialen Netzwerk postet, ist es Aufgabe der Polizei/Justiz dies juristisch zu bewerten und zu verfolgen. Am Ende steht ein Urteil eines unabhängigen Richters. Weshalb sollte ein privater Betreiber eines sozialen Netzwerks die Prüfung/Bewertung von verdächtigen Aussagen übernehmen und ein rechtsstaatliches Verfahren ersetzen? Abgesehen davon wird ein profitorientiertes Unternehmen im Zweifelsfall eher löschen/ Meinungsfreiheiten also einschränken als Gefahr zu laufen ein Bußgeld zu zahlen! Hier steht (nachvollziehbar) die Gewinnmaximierung im Vordergrund und nicht die neutrale, richterliche Beurteilung.
Zum Stichwort Fake-News denke ich an die gute, alte Zeitungsente am 1.April. Ist jemand dadurch ernsthaft zu Schaden gekommen? Ich denke nicht.
Fast genauso sind etwaige Postings über Verschwörungstheorien die Erde sei doch eine Scheibe. (Alles so im Internet zu finden.)
Meine Frage auch wieder: wem schaden diese Aussagen, gleichwohl könnten die Aussagen auch geeignet sein Angst/Panik zu verbreiten! ABER Meinung bleibt geschützte, verrückte Meinung, was unsere Demokratie aushält.
Ich verbleibe mit:"Du bist anderer Meinung als ich und ich werde dein Recht dazu bis in den Tod verteidigen."
Sehr geehrter Herr Konowski,
herzlichen Dank für Ihre Anfrage. Mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz fassen wir in der Tat ein „heißes Eisen“ an. Ich kann die Kritik und die Sorgen grundsätzlich nachvollziehen, komme in der Gesamtbetrachtung aber zu dem Entschluss, dass das Gesetzvorhaben sowohl geboten als auch verhältnismäßig ist.
Wie wir beide wissen – und anders als Sie suggerieren –, werden in den sozialen Netzwerken nicht nur dämliche Verschwörungstheorien von Aluhutträgern über Chemtrails oder harmlose Fake News über vermeintliche Zuschauerzahlen bei den Einführungsfeierlichkeiten ausländischer Regierungschef verbreitet. Das können und müssen wir in der Tat auch in sehr kritischer und zugespitzter Form aushalten.
Stattdessen sind soziale Netzwerke insbesondere in den letzten zwei Jahren zunehmend auch Spielwiesen derjenigen geworden, die mit ihren Äußerungen strafrechtlich relevante Grenzen ohne Zweifel überschreiten. Aufruf zum Mord, volksverhetzende Äußerungen und Verleumdungen sind strafbar. Punkt. Das kann und darf nicht ungeahndet bleiben.
Der Unterschied zwischen einer strafbaren Äußerung ¬auf der Straße oder in einem sozialen Netzwerk ist insofern erheblich, als dass letztere im Internet ohne entsprechende Gegenmaßnahmen weiter einsehbar ist, geteilt wird und so ungebremst ihre schädliche Wirkung entfalten kann.
Deshalb verlangen wir mit dem Gesetzesvorhaben von Plattformbetreibern, noch energischer gegen Inhalte vorzugehen, die die oben skizzierten Grenzen klar und eindeutig überschreiten. Wir nehmen Facebook, Twitter und Co. in die Pflicht, ein leicht erkennbares, erreichbares und ständig verfügbares Verfahren für Beschwerden über strafbare Inhalte einzurichten.
Ich geben Ihnen recht, dass wir das Gesetz natürlich so ausgestalten müssen, dass Plattformbetreiber nicht dazu verleitet werden, aus Bequemlichkeit und aus Furcht vor Bußgeldern jede halbwegs anrüchige Äußerung reflexartig zu löschen. Dem von Ihnen aufgeführten Argument der Profitmaximierung steht hierbei sicherlich das Interesse des Nutzers entgegen, der dem entsprechenden Netzwerk bei einer derartigen Praxis sicherlich schnell den Rücken kehren und auf andere Angebote ausweichen würde.
Um es klar und deutlich zu sagen: Über Grenzbereiche der Meinungsfreiheit entscheiden auch weiterhin Gerichte, und keine Betreiber von sozialen Medien.
Ich hoffe, meine Antwort hilft Ihnen weiter.
Freundliche Grüße
Helmut Brandt