Wie denken Sie über das Handeln des kanadischen Ministerpräsidenten Trudeau, über die Ausrufung des "emergency acts" in Kanada?
Sehr geehrter Herr Braun,
nach meinem Verständnis ist das mit der Verkündung des Kriegsrechts vergleichbar. Es erlaubte ohne Zustimmung von Parlamenten, z.B. Demonstrationen mit Hilfe des Militärs gewaltsam aufzulösen und Strafen zu verhängen. Halten Sie das für vereinbar mit freiheitlicher Demokratie wie wir sie anstreben?
Können Sie sich ähnliche Handlungen auch in Deutschland vorstellen und wie würden Sie dazu stehen?
Mit freundlichen Grüßen
T. S.-W.
Sehr geehrter Herr. S.,
erstmals seit 1970 hat der kanadische Premierminister Justin Trudeau den Ausnahmezustand in Kanada erklärt. Laut der kanadischen Regierung habe man mildere Maßnahmen geprüft und sei zu dem Entschluss gekommen, dass diese nicht ausreichend seien, um gegen die Proteste vorzugehen.
Aus der Ferne sehe ich mich nicht in der Lage, die Situation in Kanada fundiert zu beurteilen.
Friedliche Demonstrationen genießen in Deutschland durch das Versammlungsrecht nach Art. 8 Abs. 1 des Grundgesetzes einen hohen Grundrechtsschutz. Das Handeln der Exekutive kann gerichtlich überprüft werden. In Ausnahmesituationen hat der Bundestag darüber hinaus viele Kontroll- und Einspruchsmöglichkeiten gegenüber dem Handeln der Regierung. Insofern können Sie sicher sein, dass in Deutschland die Versammlungsfreiheit gewährleistet ist und der Staat verhältnismäßig handelt.
Mit freundlichen Grüßen
Helge Braun