Frage an Helge Braun von Philippe L. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Braun
Eines der Probleme in der Gesundheit ist nicht nur die Bezahlung des Systems, sondern auch wer soll in Zukunft darin arbeiten soll.
Wie sie hoffentlich wissen, ist für Berufsanfänger das Ausland mehr als eine Alternative geworden (In meinem Jahrgang ca. 20% mit Gedanken daran, mich eingeschlossen). Verständlich nach 6 Jahren Studium mit kaum Praxis dafür viel Frondienst und nicht vorhandener Vergütung. Die Folgen: In Gießen werden sie Stationen finden, in denen es schwierig ist, vernünftig auf Deutsch eine Übergabe zu machen.
Gerade Sie müßten doch als Arzt eine Position zu Arbeitszeitregelung, PJ-Bezahlung und Verbesserung des Studiums haben. Oder sollen, ähnlich wie in anderen Ländern, Pflichtjahre nach dem Studium eingeführt werden, um den Nachwuchs im Lande zu halten?
Mit freundlichen Grüßen
Philippe Lasser
cand.med
Sehr geehrter Herr Lasser,
vielen Dank für Ihre Frage über Kandidatenwatch. Nicht nur als Arzt sondern auch als Mitglied im Bundestagsausschuss für Bildung und Forschung liegt mir die solide Ausbildung zum Arzt und der anschließende Einstieg ins Berufsleben von jungen Medizinern besonders am Herzen.
Auch gerade weil ich für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion federführend die Thematik der Abwanderung von Spitzenkräften aus Deutschland (BrainDrain) bearbeite, weiss ich um die Verbesserungsbedürftigkeit der von Ihnen angesprochenen Rahmenbedingungen für Ärzte in Deutschland. Wie Sie richtig ausführen, gibt es derzeit vielfach für Ärzte im europäischen Ausland attraktivere Tätigkeiten als in unserem Land. Dieses muss sich dringend ändern. Die zahlreichen massiven Proteste von Ärzten in den letzten Monaten zeigen deutlich den Unmut über die Verschlechterung der Rahmenbedingungen für Mediziner und haben sicherlich weite Teile der Gesellschaft diesbezüglich sensibilisiert.
Bezüglich der Arbeitszeiten von Ärzten ist zunächst die europäische Rechtsetzung abzuwarten. Derzeit wird in Brüssel eine neue Arbeitszeitrichtlinie erarbeitet. Im Interesse aller Ärzte in Deutschland stehe ich hierbei in engem Austausch mit europäischen Abgeordneten.
Die Idee, Pflichtjahre nach dem Studium einzuführen, um junge Ärzte in Deutschland zu halten, mag zunächst geeignet erscheinen, den insbesondere in ländlichen Regionen vorherrschenden Ärztemangel einzudämmen. Nach meiner Auffassung sollten wir junge Menschen jedoch nicht zwangsweise in Deutschland halten sondern vielmehr aus freier Überzeugung. Erst vor wenigen Monaten wurde das „Arzt im Praktikum“ (AiP) abgeschafft. Da wir die Ausbildungszeiten auf keinen Fall verlängern sondern – so wie Sie schreiben – verkürzen müssen, bin ich nicht bereit, Pflichtjahre ähnlich dem AiP wieder einzuführen.
Vielmehr müssen die Studiengänge noch praxisorientierter ausgestaltet werden und die Arbeitsbedingungen zeitlich und finanziell modernisiert werden. Soweit dies Bundesrecht betrifft, werde ich mich auch in der kommenden Legislaturperiode hierfür weiter einsetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Helge Braun, MdB