Frage an Helge Braun von Andreas K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Dr. Braun,
in den Medien vertreten Politiker und Journalisten den Standpunkt, dass die Flüchtlingspolitik der Regierung richtig ist. Jeder Bürger, der damit nicht einverstanden ist, wird beschimpft als Rechter, Rechtspopulist, Pack, brauner Mob oder sogar Nazi! Wenn ich in meinem Bekannten-und Verwandtenkreis, mit Nachbarn oder Arbeitskollegen (darunter befindet sich nicht ein einziger Hartz-IV-Empfänger, alle sind Steuerzahler) über dieses Thema unterhalte, ist die einhellige Meinung, dass jetzt sofort Schluss sein muss mit der weiteren Aufnahme von Kriegsflüchtlingen! Die Mehrheit des Volkes ist unzufrieden. In sozialen Netzweken wird nicht gehetzt, sondern es ist ein Hilfeschrei der Gesellschaft an die Führung des Landes! In den sozialen Medien können für und wider Flüchtlingsaufnahme diskutiert werden, die Kommentare dagegen überwiegen bei Weitem!
FRAGE: Werden die Anliegen in den Kommentaren der Bürger von der Politik überhaupt wahrgenommen bzw. ausgewertet?
Sehr geehrter Herr Kühbandner,
als Bundestagsabgeordneter und als Staatsminister ist es natürlich meine Pflicht, die Interessen der Bevölkerung unseres Landes zu wahren. Und deshalb nehme ich auch alle Sorgen, die an mich herangetragen werden, sehr ernst. Und sie haben recht: Wer die Befürchtung äußert, dass der Flüchtlingszustrom Deutschland überfordert, sollte dafür nicht kritisiert werden.
Politische Verantwortung zu tragen, heißt aber nicht, das zu tun, was Meinungsumfragen zufolge die meisten Menschen erwarten, sondern das zu tun, was für unser Land insgesamt richtig ist. Das bedeutet zum einen, dass auch die Interessen von Minderheiten -die ja auch 49% der Bevölkerung betreffen können- mit berücksichtigt werden. Zum anderen bedeutet es zu hinterfragen, ob die geforderten Maßnahmen wirklich geeignet sind, das zu erreichen, was sich viele davon erhoffen.
Konkret in Hinblick auf die Flüchtlingspolitik heißt das: Die eine Maßnahme, die geeignet ist, den Zustrom von Flüchtlingen nach Europa und insbesondere nach Deutschland zu stoppen gibt es nicht.
Unmittelbar müssen wir die Lage logistisch bewältigen - mit Verteilung, Unterbringung und Asylverfahren. Bund, Länder und Kommunen meistern das gemeinsam - unterstützt von vielen Ehrenamtlichen, denen unser besonderer Dank gilt.
Mittel und langfristig müssen wir die Integration in die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt bewältigen. Viele unserer Entscheidungen - zum Beispiel die Ausweitung der Sprach- und Integrationskurse und die Vernetzung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge mit der Bundesagentur für Arbeit bereiten dies bereits vor.
Angesichts von 60 Millionen Menschen, die weltweit auf der Flucht sind, versteht sich von selbst, dass nicht jeder nach Europa oder nach Deutschland kommen kann. Deshalb arbeitet die Bundesregierung intensiv daran, die illegale Zuwanderung nach Europa zu reduzieren und statt dessen eine kontrollierte, legale und Europa fair verteilte Zuwanderung durchzusetzen. Dazu brauchen wir die Kooperation der anderen EU-Mitgliedsstaaten, der Türkei und der Herkunftsstaaten, damit Schlepper effektiv bekämpft, regionale Fluchtalternativen geschaffen und Fluchtursachen bekämpft werden. Diesen Prozess treiben wir mit aller Kraft voran - gleichwohl benötigt er Zeit.
Gleichzeitig verschärfen wir unser nationales Recht, um diejenigen, die keine Verfolgung erlitten haben, möglichst umgehend wieder in ihre Heimatländer zurückzuschicken. Auch die Sicherheitsvorkehrungen zur frühzeitigen Identifizierung von Straftätern werden erheblich verbessert.
Ich verstehe, wenn Sie die Situation mit Sorge erfüllt. Ich bitte Sie aber um ihr Vertrauen, dass wir alles unternehmen, was der Bewältigung dieser Ausnahmesituation dient. Es muss an allen oben beschriebenen Herausforderungen gearbeitet werden, um die Situation zu meistern.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Helge Braun