Frage an Helge Braun von Christian S. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Dr. Braun,
nach dem deutschen Urhebergesetz sind Hersteller und Importeure von Geräten und Speichermedien, die für Privatkopien benutzt werden, zur Zahlung von Abgaben verpflichtet. Diese Abgaben sollen vom Hersteller idealerweise eingepreist und an den Verbraucher weitergereicht werden. Urheber erhalten die Abgaben als Kompensation für private Vervielfältigungen.
Das System der Urheberrechtlichen Abgaben erweist sich in der heutigen digitalen Zeit als anachronistisch und muss langfristig durch ein besseres System ersetzt werden. Rechts- und Planungsunsicherheit in diesem Bereich stellen eine erhebliche wirtschaftliche Belastung der Unternehmen dar. Als betroffenes Unternehmen sind wir den hohen (offenbar willkürlichen) Forderungen der Verwertungsgesellschaften ausgesetzt, welche als Tarife im Bundesanzeiger teilweise Jahre rückwirkend veröffentlicht werden. Diese Praxis ist durch das Gesetz nicht gedeckt. Uns ist es auch zweifellos nicht möglich, die Forderungen rückwirkend einzupreisen. Aufgrund der mangelnden Marktkontrolle der Verwertungsgesellschaften hat sich zudem ein erheblicher Graumarkt gebildet. Dadurch entstehen Wettbewerbsverzerrungen, die letztlich alle redlichen Beteiligten belasten und den Standort Deutschland gefährden. Die seit Jahren andauernden kostenintensiven Schieds- und Gerichtsverfahren haben bislang nicht zu mehr Rechtssicherheit beitragen können.
Gerne würden wir mit Ihnen in einem Gespräch erörtern, wie das veraltete Abgabensystem aus Ihrer Sicht in der kommenden Legislaturperiode neu gestaltet werden kann.
Ich freue mich auf Ihre Rückmeldung und Positionierung.
Mit freundlichen Grüßen,
Christian Schieber
TECHNO DESIGN
35410 Hungen
Sehr geehrter Herr Schieber,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Die Digitalisierung ermöglicht neue Geschäftsmodelle und die gesetzliche Leerträgerpauschalvergütung könnte langfristig zugunsten einer nutzungsbezogenen Vergütung entfallen. Solange es jedoch nicht vergütete Zweitverwertungen gibt, sind die Regelungen zur Privatkopievergütung weiterhin praktikabel. Eine anteilige Hinterlegungspflicht könnte zu einer Beschleunigung des Verfahrens zur Ermittlung der Tarife beitragen und gleichzeitig die von den Kunden bezahlten Pauschalvergütungen für den Insolvenzfall sichern.
Die kollektive Rechtewahrnehmung und die Verhandlungen über die Leerträgerpauschalvergütung, die beim Kauf von Vervielfältigungsgeräten wie Computern, Kopierern und USB-Sticks anfällt, haben sich grundsätzlich bewährt. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion stellt jedoch fest, dass das Schiedsverfahren im Rahmen der Tarifverhandlungen weiter gestrafft und beschleunigt werden könnte. Damit würde die Gesamtsumme der Rückstellungen verringert und die Vergütungen könnten schneller an die Urheber ausgeschüttet werden. Eine gesetzliche Hinterlegungspflicht für zumindest einen Teil der Vergütungsansprüche könnte dazu beitragen, diese Ansprüche der Urheber vor (teils kalkulierten) Insolvenzen der Hersteller und Importeure zu schützen.
Durch die Digitalisierung ist das Spannungsfeld um das Urheberrecht sicht- und spürbarer geworden. Aber auch im digitalen Zeitalter gilt der Anspruch des Urhebers auf Schutz seines geistigen Eigentums und das Recht auf eine angemessene Vergütung seiner Leistung. Es sichert nicht nur das Einkommen der Urheber, es ermöglicht auch künstlerische Vielfalt. Das Urheberrecht muss zugleich von den Nutzern verstanden und akzeptiert werden sowie Antworten auf die veränderten digitalen Anwendungsmöglichkeiten geben. Wir wollen daher das Urheberrecht weiterentwickeln, zum Beispiel beim Thema Privatkopie, beim Umgang mit Rechtsverstößen durch Nutzer oder der wachsenden Zahl neuer Formen der digitalen Verwertung. Dazu ist eine technische und rechtspolitische Abwägung notwendig, um den berechtigten Interessen der Urheber, der Rechteinhaber, der Verwerter und der Verbraucher gerecht zu werden. Viele Fragen werden nicht nur national zu lösen sein. Wir müssen unsere Vorstellungen daher auch auf EU-Ebene bzw. international einbringen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Helge Braun