Frage an Helge Braun von Carsten F. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Braun,
sie haben, wie die gesamte Regierungskoalition, gegen "schärfere Regeln gegen Abgeordnetenbestechung gestimmt. Die offizielle Begründung "es gebe bereits Regelungen" ist dabei wenig plausibel.
Schließlich hält das Vorhandensein bestehender Regeln auch nicht von anderen Veränderungen ab (zB. die Senkung der Hotelmehrwertsteuern auf den ermäßigten Satz. Dort gab es auch bereits eine Regelung, die dann eben verändert wurde).
Außerdem scheint gerade bei dem Thema (Abgeordneten-)Bestechung Handlungsbedarf zu bestehen, gehört Deutschland doch zu den Ländern, die die UN-Konvention gegen Korruption noch NICHT ratifiziert hat. Dort befinden wir uns in unrühmlicher Gesellschaft (nur zur Erinnerung: zB. Syrien und Nordkorea).
Wie also kann man die angeblich fehlende Notwendigkeit strengerer Gesetze gegen Abgeordnetenbestechung begründen?
Mit freundlichen Grüßen
Carsten Fischer
Sehr geehrter Herr Fischer,
haben Sie vielen Dank für Ihr Schreiben vom 28. Juni 2013.
Wie Sie richtig feststellten, hat Deutschland die UN-Konvention gegen Korruption noch nicht unterzeichnet. Dies hat verschiedene Gründe, die ich Ihnen gern erläutern möchte.
In Deutschland wird bereits mit dem Paragraphen 108e des Strafgesetzbuches der Kauf und Verkauf von Stimmen bei Wahlen und Abstimmungen und somit die Annahme von Bestechungsgeld unter Strafe gestellt. Bereits der Versuch ist strafbar.
Der Gesetzentwurf der Opposition hat lediglich die Absicht, die bestehenden Gesetze um die Vorgaben der UN-Konvention zu erweitern.
Gegen die UN-Vorgaben hat die CDU/CSU-Bundestagsfraktion jedoch begründete Bedenken. In Deutschland wird zwischen Mandats- und Amtsträgern, d.h. zwischen gewählten Volksvertretern und Beamten unterschieden. Eine Übernahme der UN-Konvention würde aber eine Gleichsetzung von Mandats- und Amtsträgern bedeuten.
Die Tätigkeiten von Abgeordneten und Beamten unterscheiden sich grundlegend. Während Amtsträger Gesetze anwenden, Weisungen unterworfen sind, als Entscheidungsträger ersetzbar und zur Unparteilichkeit verpflichtet sind, müssen sich Abgeordnete ihrem Gewissen und den Bürgern gegenüber verantworten. Parteilichkeit ist somit Teil ihres parlamentarischen Wirkens und ihrer politischen Arbeit, wobei zwangsläufig Bürger und Interessengruppen versuchen, Einfluss auf Abgeordnete auszuüben. Dabei kann es zu einer Gratwanderung zwischen erwünschter und strafwürdiger Einflussnahme kommen.
Nach Auffassung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion begrenzt die UN-Konvention in seiner derzeitigen Fassung die Abgeordnetenbestechung nicht hinreichend auf die strafwürdigen Handlungen von Mandatsträgern.
Durch eine Übernahme der UN-Konvention würde deshalb der Staatsanwaltschaft Tür und Tor geöffnet, selbst festzulegen, worin ein Vorteil zu sehen ist und welches Verhalten den parlamentarischen Gepflogenheiten entspricht und welches nicht. Das würde eine politische Instrumentalisierung von Ermittlungsverfahren ermöglichen.
Das wäre eine grobe Verletzung unseres rechtsstaatlichen Systems und muss deshalb nach meiner Überzeugung unbedingt verhindert werden.
Ich teile die Auffassung der Fraktion, dass deshalb vorangehend eindeutige Maßstäbe definiert werden müssen, damit die Abgeordneten ihrer Arbeit weiterhin gemäß ihren Aufgaben nachgehen können. Die bisher vorgelegten Gesetzentwürfe der Opposition entsprachen bislang nicht diesen Vorgaben. Dies bestätigten mehrheitlich auch die im Rechtsausschuss am 17. Oktober 2012 öffentlich angehörten rechtswissenschaftlichen Experten.
Deshalb hat der Ausschuss-Vorsitzende außerhalb des parlamentarischen Verfahrens einen Regelungsvorschlag unterbreitet, den die Opposition wohl auch unterstützt. Das Angebot der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, diesen Vorschlag in einem Expertengespräch prüfen zu lassen, hat die Opposition aber leider bislang abgelehnt.
Angesichts der schwierigen Beratungsgespräche wird nun auch der Bundesrat einen Gesetzesentwurf dem Bundestag unterbreiten. Die Beratungen werden also fortgesetzt.
Abschließend möchte ich noch einmal deutlich machen, dass die CDU/CSU-Bundestagsfraktion sich selbstverständlich dafür einsetzt, Korruption sowohl im privatwirtschaftlichen als auch im öffentlichen Bereich zu verhindern. Die Bundesrepublik Deutschland gehört deshalb zu den größten finanziellen Unterstützern der globalen Umsetzung der UN-Konvention gegen Korruption.
Ein Vergleich Deutschlands mit Staaten wie Afghanistan, Zimbabwe oder Nordkorea ist im Übrigen Augenwischerei, denn gemäß dem Korruptionswahrnehmungsindex von Transparenz International aus dem Jahr 2012 nimmt Deutschland Platz 13 von insgesamt 174 Staaten ein.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen darlegen, dass die CDU/CSU-Bundestagsfraktion sich vehement für die Bekämpfung von Abgeordnetenbestechung einsetzt und sich aktiv in die Diskussionen über einen Gesetzesentwurf zur Ratifizierung der UN-Konvention gegen Korruption einbringt.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Helge Braun
Mitglied des Bundestages
Parlamentarischer Staatssekretär