Frage an Helge Braun von Tom S. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Abgeordneter Dr. Braun,
bei all den verschiedenen Steuererleichterungen, die es für diverse Interessen- und Wählergruppen gibt, warum gibt es diese nicht auf dem privaten Sektor für Ausbildung? Wäre es nicht einfacher, Ausbildungskosten der eigenen Kinder von der Steuer vollständig absetzbar zu machen, als beispielsweise ausschließlich durch günstige Kredite die Kinder/Eltern auch noch durch die Ausbildung letztlich zu verschulden? Zumal es gerade an ausgebildeten Fachkräften fehlt. Warum soll sich ein junger Mensch nach seinem Schulabschluss entscheiden, eine teuere Ausbildung anzustreben, die ihn dazu zwingt, einen Kredit aufzunehmen, wenn er nicht sicher ist, diesen wieder zurückzahlen zu können? Wäre eine solche Steuererleichterung bei einer stärkeren Lobbyvertretung der Auszubildenden und Studenten wahrscheinlicher?
Hochachtungsvoll
Sehr geehrter Herr Sengpiel,
haben Sie vielen Dank für Ihr Schreiben vom 17. Juli 2012, in dem Sie eine steuerliche Absetzung von Ausbildungskosten fordern. Bildung und Ausbildung sind für die Entwicklung unserer Gesellschaft von großer Bedeutung. Ich stimme deshalb mit Ihnen überein, dass es wichtig ist, junge Menschen finanziell abzusichern, damit Sie nach Ihren Neigungen eine gute Ausbildung absolvieren oder studieren können.
In Deutschland steht allen Menschen offen, eine Ausbildung oder ein Studium nach persönlichen Interessen und Talenten sowie den jeweiligen Ausbildungs- und Studienvoraussetzungen zu beginnen. Damit die angestrebten Berufsziele nicht an Geldsorgen scheitern, bietet die Bundesregierung bereits diverse steuerliche Vergünstigungen an.
So wird beispielsweise das Kindergeld unter anderem für die Berufsausbildung des Kindes gezahlt. Aber auch steuerliche Freibeträge für das sächliche Existenzminimum (Kinderfreibetrag) und für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf, sowie Sonderbedarfsfreibeträge und sogenannte außergewöhnliche Belastungen können geltend gemacht werden.
Um die steuerliche Absetzung von Unterhalts- und Ausbildungskosten für Kinder zu erleichtern, hat die Regierung im letzten Jahr die Erhöhung der Werbekostenpauschale von 920 Euro auf 1000 Euro im Steuervereinfachungsgesetz beschlossen.
Es profitieren auch alle, die Anspruch auf Kindergeld haben, denn seit diesem Jahr entfällt die bisherige Prüfung der Einkommenshöhe. Das bedeutet, dass das Kindergeld unabhängig vom Zuverdienst von Kindern oder Volljährigen ausgezahlt wird, solange diese noch keine Berufsausbildung oder ein Studium abgeschlossen haben.
Diese Zahlung des Kindergeldes, beziehungsweise die Gewährung des Kinderfreibetrages für Eltern ist die einfache und pauschale Förderung der Familien mit Kindern in Ausbildung.
Darüber hinaus bietet der Staat Schülern, Auszubildenden und Studenten vielfältige finanzielle Unterstützung in Form von BAföG, Bildungskrediten und Stipendien an.
Das BAföG hat in Deutschland eine lange Tradition. Seit fast 41 Jahren ermöglicht es uns, das geistige Potential unserer Gesellschaft auszuschöpfen. BAföG-berechtigt ist jeder, der seine Ausbildung oder das Studium nicht selbst oder vom sogenannten positiven Einkommen oder Vermögen der Eltern bzw. des Ehepartners unter Berücksichtigung von Abzügen und Freibeträgen bestreiten kann.
Entgegen Ihren Befürchtungen, dass das BAföG junge Menschen davon abhält, eine anspruchsvolle Ausbildung oder ein Studium zu beginnen, belegt die am 20. Juli 2012 veröffentlichte BAföG-Studie des Statistischen Bundesamts, dass die Zahl der Leistungsempfänger stetig steigt. Allein im Jahr 2011 ist die Zahl der BAföG-Geförderten im Vergleich zum Vorjahr um ca. 47.000 auf etwa 963.000 Personen gestiegen. Das bedeutet, dass allein im Jahr 2011 die Gesamtzahl derer, die BAföG beanspruchen, um 5 Prozent gewachsen ist und der Anteil derer, die mit Hilfe des BAföGs studieren, um 8,6 Prozent gestiegen ist.
Statt des BAföGs oder ergänzend dazu können sich Studenten auch für ein Stipendium bewerben. Wir wollen die Stipendienkultur stärken und haben zusätzlich zu den bestehenden Stipendien das Deutschlandstipendium ins Leben gerufen. Es fördert seit dem Sommersemester 2011 mit 300 Euro monatlich Studenten sowie Studienanfänger, deren Werdegang herausragende Leistungen in Studium und Beruf erwarten lässt.
Ich bin der Meinung, dass unser Land vielfältige Angebote unterbreitet, um junge Menschen gemäß ihren Interessen und Fähigkeiten zu fördern. Neuen Ideen, die dazu beitragen, zielgenau die Bildungschancen junger Menschen weiter zu verbessern, stehe ich jederzeit offen gegenüber.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Dr. Helge Braun