Frage an Helga Trüpel von Jens E. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrte Frau Trüpel,
in der SZ vom 24.10. ist zu lesen, dass Ihnen von einem chinesischen Diplomaten gedroht wurde, China müsse den Kontakt zu Ihnen abbrechen, wenn Sie weiter den Bürgerrechtsaktivisten Hu Jias unterstützten. Mich würde interessieren, wie man sich so etwas vorzustellen hat? Wird ein Diplomat bei Ihnen im Büro vorstellig? Gibt es einen Anruf? Sind Ihnen solche Drohungen auch von Kolleginnen und Kollegen bekannt?
Und wäre es tragisch für Ihre Arbeit, wenn es keine Kontakte mehr zu chinesischen Diplomaten gäbe?
Mit freundlichen Grüßen
Jens Erler
Sehr geehrter Herr Erler,
vielen Dank für Ihre interessanten Fragen zu diesem heiklen Thema.
Als Mitglied der Delegation des Europäischen Parlamentes zu Beziehungen mit China stehe ich in regelmäßigen Kontakt mit chinesischen Diplomaten. In dem konkreten, von der Süddeutschen Zeitung beschriebenen Fall, handelte es sich um ein Abendessen, das ich mit Vertretern der chinesischen Mission bei der EU vor einigen Wochen in Brüssel hatte.
Während des Gesprächs wurde mir u.a. vorgeworfen, dass die Politik der grünen Europafraktion extrem kritisch, falsch und einseitig gegenüber China sei. Der Vorschlag der Grünen, Hu Jia den Sacharow Preis zu geben, wäre nicht zu akzeptieren.
Daraufhin habe ich unsere Position bzgl. Hu Jia im Speziellen und unser Eintreten für Menschenrechte und freie Meinungsäußerung im Allgemeinen verteidigt. Für Grüne sind Menschenrechte nun mal unteilbar und daher kritisieren wir Verstöße gegen Menschenrechte überall, ob in der EU, in den USA, in Zimbabwe oder wo auch immer.
Zum Abschluss wurde mir gedroht, dass die Gespräche abgebrochen würden, wenn wir unsere Politik nicht ändern würden. Auch wenn ich dies natürlich nicht möchte, so wäre dies im Endeffekt doch alleine die Entscheidung der Chinesen gewesen. Für die EU und die Delegation zu Beziehungen mit China sind Kontakte mit chinesischen Diplomaten natürlich wichtig. Wir waren und sind daher stets zu Gesprächen bereit. Dies allerdings nur ohne ein vorheriges Ausschließen gewisser Gesprächsthemen. Wenn solche "Kontakte" die Möglichkeit konstruktiver Kritik ausschließen, dann stellt sich die Frage, zu welchem Preis man Gespräche aufrechterhalten sollte.
Mit freundlichen Grüßen,
Helga Trüpel