Frage an Helga Schmitt-Bussinger von Julia A. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Meine Frage an die Kandidaten im Wahlkreis: Nürnberg hat eine hohe Migrantenquote und viele Mitbürger denken immer noch Migranten seien faul und kriminell. Was tun Sie, um Vorurteile in der Bevölkerung abzubauen und mit welchen Projekten unterstützen Sie die Integration von Migranten?
Sehr geehrte Frau Amman,
vielen Dank für Ihre Frage zu einem wichtigen Thema. Zwar ist das Thema Integration in Nürnberg primär Aufgabe der Stadt, aber selbstverständlich spielt auch das Land eine wichtige Rolle.
Dass Migranten faul und kriminell sind, ist eine sicherlich falsche Pauschalierung. Faule und kriminelle Menschen gibt es in jeder Bevölkerungsschicht, bei Migranten wie auch bei Deutschen. Der Sicherheitsbericht der Stadt Nürnberg besagt beispielsweise, dass Kriminalität kein Ausländerproblem, sondern ein Jugendproblem ist.
Die Arbeit der Stadt Nürnberg für Migrantinnen und Migranten ist vorbildlich. Dies sicherlich auch aus ihrer historischen Verantwortung heraus. Auf Initiative des Oberbürgermeisters wurde im Jahr 2002 eine Kommission für Integration mit Vertretern der Rathaus-Fraktionen, Mitgliedern des Ausländerbeirats, des Aussiedlerbeirats sowie Sachverständigen eingerichtet. Das Gremium beschäftigt sich mit allen Belangen, die Menschen mit Migrationshintergrund in Nürnberg betreffen.
Parallel dazu wurde eine verwaltungsinterne Koordinierungsgruppe geschaffen, der Mitarbeiter/innen aus verschiedenen Referaten und Dienststellen der Stadt angehören. Die Einheit sorgt für gegenseitige Information und stimmt Ämter übergreifend Pläne ab. Mit dieser Koordinierungsgruppe wurde das Thema "Integration" endgültig als Querschnittsaufgabe etabliert.
Zur Begleitung des Integrationsprogramms wurde zudem ein Kuratorium ins Leben gerufen, in dem alle maßgeblichen gesellschaftlichen Kräfte vertreten sind. Der Oberbürgermeister leitet sowohl das Kuratorium als auch die Kommission.
Darüber hinaus wird derzeit ein neues Integrationsprogramm für Nürnberg erarbeitet. Hier werden unter anderem die Leitlinien für die Nürnberger Integrationspolitik festgehalten, alle bestehenden Integrationsprojekte dargestellt, aber auch die bereits absehbaren zukünftigen Herausforderungen mit Lösungsansätzen beschrieben. Das Programm wird in einem breiten gesellschaftlichen Diskurs entwickelt, indem "Betroffene" bei der Erarbeitung beteiligt und zudem Expertenhearings veranstaltet werden.
Grundsätzlich gilt: Wichtige Schlüssel zur Integration unserer Mitbürger(innen) mit ausländischer Herkunft sind Schule und Bildung. Gesellschaftliche Integration von Menschen mit Migrationshintergrund muss bei den Kindern ansetzen und die Erwachsenen mitnehmen. Wenn für sie gleiche Chancen und Voraussetzungen für eine weitere Entwicklung geschaffen werden, kann in diesen und in den Folgegenerationen Integration gelingen.
Eine notwendige Bedingung für Integration ist die deutsche Sprache. Oft reicht dies aber nicht aus. Deshalb müssen alle gesellschaftlichen Möglichkeiten der Jugend-, Bildungs- Kultur- und Freizeitpolitik in den Dienst der Integration gestellt werden.
Die große Chance der kommunalen Ebene besteht in Gesprächen über gemeinsame Werte und Überzeugungen. Dabei wird die positive Bereicherung der Stadtgesellschaft durch kulturelle Vielfalt und Unterschiedlichkeit ebenso zur Sprache kommen wie die Verschiedenartigkeit der Nürnberger(innen).
Es bedeutet aber auch die Abgrenzung von nicht akzeptablen Verhaltensweisen und Traditionen, zum Beispiel vom Frauenbild in bestimmten Kulturen, das weder durch Toleranz noch durch kulturelle Vielfalt gedeckt sein kann. Auch das sage ich ganz deutlich.
Mir selbst ist das Thema Integration auch sehr wichtig. Dass ich dies wirklich ernst nehme, beweisen, so denke ich, meine regelmäßigen Gespräche mit Migranten sowie Asylbewerbern und Betreuern u.a.im Asylbewerberheim in Schwabach. So habe ich mir bespielsweise im Rahmen der Aktion Rollentausch bewusst das Asylbewerberheim als Arbeitsstätte ausgesucht und dort mit Asylbewerberinnen gemeinsam gearbeitet. Auch das Diakonie-Projekt „Spagat“ wurde auf meine intensiveIntervention hin vom Bundesamt für Migration unterstützt.
Integration kann letztendlich nur gelingen, wenn auf beiden Seiten Offenheit für Neues, Verständnis und guter Wille vorhanden sind.
Mit den besten Grüßen
Helga Schmitt-Bussinger