Frage an Heinz-Peter Haustein von Herbert D. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Guten Tag Herr Haustein!
Anstatt das die Bestechung und Korruption von Abgeordneten bekämpft wird, wie es die UNCAC fordert, soll in Deutschland die Bestechung von Abgeordneten "legalisiert" werden:
http://www.swr.de/report/-/id=233454/nid=233454/did=4359526/1gcn4i/index.html
Herr Haustein, wie stehen Sie zu dem Gesetzentwurf, der die Spendenregelung für Abgeordnete lockern soll?
Im Jahr 2001 wurde die Konvention der Vereinten Nationen gegen Korruption ("UNCAC") verabschiedet und von Deutschland im Jahr 2003 unterzeichnet – bis heute aber nicht ratifiziert. Voraussetzung der Ratifizierung ist die Neufassung des Straftatbestandes der Abgeordnetenbestechung (§108e StGB).
Warum verweigern Sie und Ihre Kollegen eine Neufassung des Straftatbestandes der Abgeordnetenbestechung? Was haben Sie und Ihre Kollegen zu verbergen?
Neues Wahlrecht:
Das Bundesverfassungsgericht hat im Juli 2008 die Berechnung der Sitzverteilung bei Bundestagswahlen in einem wesentlichen Teil für verfassungswidrig erklärt. Die Verteilung der Überhangmandate muss nach der in Karlsruhe verkündeten
Entscheidung neu geregelt werden. Die Richter des Zweiten Senats räumten dem
Gesetzgeber dafür eine Frist bis Juni 2011 ein.
Sie und Ihre Kollegen nehmen es in Kauf, dass der nächste Bundestag wieder verfassungswidrig besetzt wird. Wo ist da Ihr Rechtsbewusstsein und Demokratieverständnis? Ein neues Wahlrecht, wie es das BVerfG verlangt, würde auch der Politikverdrossenheit entgegenwirken. Der Bürger und nicht die "Liste" bestimmt, welcher Volksvertreter ins Kabinett darf. Warum wurde nicht mit aller Hingabe zur Demokratie das Wahlrecht zur nächsten Bundestagswahl geändert?
Mit freundlichen Grüßen
Herbert Derksen
P.S.:
Beantworten Sie auch meine Fragen, die ich Ihnen per Mail/Post zugestellt habe?
Sehr geehrter Herr Derksen,
Ihre zwei Anfragen, die unterschiedliche Themengebiete betreffen, möchte ich gerne beantworten:
Konvention der Vereinten Nationen gegen Korruption
Alle Fraktionen des Deutschen Bundestages haben die Verhandlungen der Bundesregierung zu dem weltweiten UN-Übereinkommen gegen Korruption sehr kritisch verfolgt. Das UN-Übereinkommen nimmt zum Teil keine Rücksicht auf die unterschiedlichen Rechtstraditionen und Rechtsstaatsstandards der Mitgliedsländer.
So enthält das Übereinkommen eine Bestimmung, die die Strafbarkeit von Bestechungshandlungen von Amtsträgern vorsieht. Der Begriff des Amtsträgers soll dabei weit gefasst werden und schließt auch Parlamentarier mit ein. In Deutschland ist jedoch der Amtsträger oder der Beamte im öffentlichen Dienst mit dem Abgeordneten in einer Weise gleichzusetzen. Amtsträger im engeren Sinne haben dem Gemeinwohl zu dienen. Beamte sind in Deutschland strengeren Regeln unterworfen als Abgeordnete. Abgeordnete können aber auch Partikularinteressen vertreten. Man kann von Abgeordneten nicht verlangen, dass sie – wie Beamte – stets unparteiisch und frei von unsachlichen Einflüssen ihr Mandat ausüben. Dies wäre mit dem Verfassungsgrundsatz des freien Mandats nicht vereinbar. Die Verhandlungen über die UN-Konvention haben gezeigt, wie schwierig es ist, auf dem Gebiet des Abgeordnetenrechts einheitliche Rechtsstandards aufzustellen. Im internationalen Vergleich zeigen sich große Unterschiede bei den Regelungen einiger Länder im Umgang mit ihren Abgeordneten. Das deutsche Abgeordnetenrecht unterwirft die Volksvertreter strikten Reglementierungen. So sind die Bundestagsabgeordneten an
Verhaltensregeln gebunden, die umfangreiche Anzeige- und Veröffentlichungspflichten beinhalten. Das Recht auf Immunität gemäß Art. 46 Abs. 2 GG dient dem Schutz vor Beschränkungen der persönlichen Freiheit des Abgeordneten, insbesondere dem Schutz vor Verhaftung ohne Genehmigung des Parlaments. Das Recht auf Immunität schützt den Abgeordneten aber grundsätzlich nicht vor Strafverfolgung. Auch für
Abgeordnete gilt das Legalitätsprinzip. Damit unterscheidet sich das deutsche Immunitätsrecht wesentlich von dem anderer Länder. So wird das Immunitätsrecht in manchen Nachbarländern genutzt, um Abgeordnete einer strafrechtlichen Verfolgung zu entziehen.
Zudem ist heute die Strafwürdigkeit der Abgeordnetenbestechung in Deutschland unbestritten. Sie ist 1993 in das Strafgesetzbuch aufgenommen worden. Danach macht sich ein Abgeordneter strafbar, wenn er für ein bestimmtes Stimmverhalten einen Vorteil als Gegenleistung erhält. Das strafwürdige Unrecht der Abgeordnetenbestechung besteht in der unlauteren Einflussnahme auf den demokratischen Prozess. Die repräsentative Demokratie lebt aber auch davon, dass einzelne Wähler und Interessengruppen die Parlamentarier in ihrem Sinne zu beeinflussen suchen. Es muss daher eine sorgfältige Grenze zwischen zulässiger und unzulässiger Einwirkung gezogen werden. Der derzeitige Tatbestand der Abgeordnetenbestechung, der die Abstimmung im Parlament unter Strafe stellt, nicht aber die vorgeschaltete Willensbildung, schützt den Abgeordneten vor unlauteren Einflussnahmen und stützt gleichzeitig seine Unabhängigkeit als frei gewählter Abgeordneter. Es muss vermieden werden, dass übliche parlamentarische und außerparlamentarische Kontakte des Abgeordneten in eine rechtliche Grauzone geraten.
Es wird jetzt darauf ankommen, dass der Deutsche Bundestag bei der Umsetzung des UN-Übereinkommens eine vernünftige und sachgerechte Lösung findet, die dem Verfassungsverständnis vom deutschen Abgeordneten gerecht wird.
Der Deutsche Bundestag prüft derzeit fraktionsübergreifend eine geeignete Umsetzung der internationalen Übereinkommen im Hinblick auf die Abgeordnetenbestechung.
An diesen Beratungen beteiligt sich unsere FDP-Fraktion konstruktiv.
Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum Wahlrecht
Die Problematik des neuen Wahlrechtes stellt sich derzeit für die FDP-Fraktion wie folgt dar:
Es ist eindeutig, dass das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes umgesetzt werden und damit das Wahlrecht überarbeitet werden muss.
Jedoch ist es so, dass es derzeit nur noch fünf Sitzungswochen gibt und die Neufassung des Wahlrechts darf keine überstürzte Handlung sein. Hier muss eine parteienübergreifende Lösung gefunden werden, schließlich wollen auch wir als FDP ein konformes Wahlrecht besitzen.Zudem gibt es am heutigen Tag eine Anhörung im Innenausschuss zu diesem Thema.
Weiterhin sind für die Wahlen 2009 bereits die Kandidaten aufgestellt. Falls jetzt das Wahlrecht geändert würde, könnte es zu dem Fall kommen, dass aufgestellte Kandidaten durch ein neues Berechnungsverfahren nicht mehr mit berücksichtigt werden können. Die Folge davon wäre, dass diese Kandidaten gegen die neue Regelung klagen könnten und damit den ganzen „Betrieb“ lahmlegen würden.
Aus dieser Sicht wäre es vernünftiger, die Neufassung des Wahlrechts erst nach der Bundestagswahl in Angriff zu nehmen- vor allem, da das Bundesverfassungsgericht einen Zeitraum für die Realisierung bis Juni 2011 gelassen hat.
Ich hoffe, Ihnen mit dieser Antwort gedient zu haben und verbleibe
mit einem herzlichen Glück Auf
Heinz-Peter Haustein, MdB