Frage an Heinz-Peter Haustein von Wolfgang G. bezüglich Soziale Sicherung
Bundestagsdebatte 15.11.07 Weihnachtsgeld, Regelsatz - Antrag der Linken
Herr Haustein,
mit Interesse habe ich versucht, Ihren Argumenten zu folgen.
Ich bedanke mich im Voraus für die Beantwortung meiner nachfolgenden Fragen
Wenn gemäß der Verfassung ´nicht arbeitenden´ Menschen einen Anspruch auf Grundsicherungsbedarf haben, der nach Ihren Aussagen genau so hoch ist wie bei hart arbeitenden Menschen, warum ist dies ungerecht? Ist die Verfassung ungerecht?
Besteht die Ungerechtigkeit hinsichtlich des Lohnabstandsprinzips nicht darin, das hart arbeitende Menschen nicht mehr verdienen als einen Grundsicherungsbedarf? Oder Menschen, die trotz harter Arbeit auch noch ´aufstocken´ müssen?
Was oder wer ist ungerecht, wenn Millionen von Arbeitslosen nicht die Möglichkeit gegeben wird, arbeiten gehen zu können und so einen leistungsgerechten Lohn selbst zu erarbeiten?
Wo bzw. wie komme ich als ALGII Bezieher zu einen kostenneutralen Kühlschrank. Ich habe leider keine 1200€/Monat, sondern nur 637.-€ (incl. KdU)?
Als ´Ossi´ kenne ich einen Broiler aber keine ´Jahresendfigur mit Wickel´. Wenn Sie mir mehr über die Entstehung dieses Begriffes (wo, durch wen) sagen könnten?
Mit freundlichem Gruß
W. Galle
Sehr geehrter Herr Galle,
vielen Dank für Ihre Frage vom 16. November 2007. Es freut mich, dass Sie offenbar ein interessierter Zuhörer von Bundestagsdebatten sind, weswegen ich Ihre Nachfragen zu meiner Rede gerne beantworte.
Meines Wissens gibt es keinen Passus in der Verfassung, der vorschreibt, dass Menschen, die keiner Erwerbsarbeit nachgehen, ebenso viel Geld erhalten müssen, wie arbeitende Menschen. Einen solchen Passus empfände ich in der Tat als sehr ungerecht. Ich bin der Überzeugung, dass sich Leistung lohnen muss. Wer früh aufsteht, hart arbeitet und stetig Leistung erbringt, muss dafür auch entsprechend belohnt, bzw. gerecht entlohnt werden.
Außer Frage steht, dass es ungerecht ist, wenn Menschen, die arbeiten wollen und sich redlich um einen Arbeitsplatz bemühen, keinen finden. Ungerecht ist es auch, wenn Menschen trotz harter Arbeit kaum ausreichend Geld verdienen, um ihren Lebensunterhalt selbst zu bestrei-ten. Auf genau diese beiden Ungerechtigkeiten machte ich in meiner Rede aufmerksam. Ich bin überzeugt, dass Arbeitsplätze z. B. durch eine Reform des Steuersystems und Bürokratieabbau geschaffen werden können, zudem bin ich überzeugt, dass Arbeit gerechter entlohnt wird, wenn endlich die Lohnnebenkosten gesenkt werden und die Menschen mehr Netto vom Brutto übrig haben! Die Bekämpfung der angesprochenen Ungerechtigkeiten ist also in meinem ebenso wie in Ihrem Sinne.
Bezüglich des Kühlschranks: Der monatliche Regelsatz für ALG II- Empfänger beinhaltet Pauschalen für den Erwerb von Einrichtungsgegenständen wie Herd oder Kühlschrank. Dar-über hinaus heißt es in § 23 (3) erster Satz SGB II: „Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten sind nicht von der Regelleistung umfasst. Sie wer-den gesondert erbracht.“ Ferner besteht per Gesetz die Möglichkeit, den Hilfebedürftigen ein Darlehen für den Erwerb entsprechender Anschaffungen zu gewähren. All dies muss man heranziehen, wenn man sich mit dem Lohnabstandsgebot und volkswirtschaftlich relevanten Mechanismen des Arbeitsmarktes beschäftigt. Ich kann nicht Ansprüche auf die Erstattung von Kühlschränken prüfen. Das ist nicht mein Job und das habe ich auch in meiner Rede nicht gesagt. Was ich gesagt habe, ist: Wir dürfen nicht aus dem Blick verlieren, wie all das, was wir den Hilfebedürftigen an Unterstützung zugestehen auf diejenigen wirkt, die jeden Tag hart arbeiten. Bitte, sehr geehrter Herr Galle, verstehen Sie: Niemand will arbeitslosen und hilfebedürftigen Menschen nicht adäquate Unterstützung zu teil werden lassen. Das Gegenteil ist der Fall. Als jemand, der aus einer der ärmsten Regionen Deutschlands kommt, aus dem Erzgebirge, weiß ich, was Armut bedeutet. Aber wir dürfen volkswirtschaftliche Gesetzmäßigkeiten nicht außer Acht lassen. Und eine davon ist nun mal: Je höher staatliche Transferleistungen sind, umso unattraktiver ist es, Arbeit aufzunehmen.
Die „Jahresendfigur mit Wickel“ betreffend haben Sie mich falsch verstanden. Ich sprach von einer „Jahresendfigur mit Flügeln“. Dabei handelt es sich um einen Begriff, der tatsächlich in der DDR offiziell zur Vermeidung des christlichen Begriffes „Engel“ angewandt wurde.
Ich hoffe, Ihre Fragen zu Ihrer Zufriedenheit beantwortet zu haben, wünsche Ihnen für Ihre Zukunft alles Gute und verbleibe
mit einem herzlichen Glück Auf!
Heinz-Peter Haustein
Mit freundlichen Grüßen
Heinz-Peter Haustein, MdB