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Heinz-Peter Haustein
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Frage von Alexander J. •

Frage an Heinz-Peter Haustein von Alexander J. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Haustein,

vielen Dank für Ihre Ausführungen.
Verstehen kann ich Ihre Aussagen, was Ihre Arbeit als Geschäftsführer, Bürgermeister & Abgeordneter betrifft.

Sie schreiben
... "Als Bürgermeister bin ich oft schnell an die Grenzen des Machbaren gestoßen, da viele Probleme der Region auf falsche bundespolitische Rahmenbedingungen zurückzuführen sind."

Das kann ich nachvollziehen.

Daraus ergibt sich für mich als Konsequenz, Entscheidungen primär dort zu treffen, wo Menschen davon betroffen sind. Das sind für mich in erster Linie lokale Gremien.

Auf welchen Gebieten setzen Sie sich für Übertragung von Kompetenzen auf lokale Entscheidungsträger ein ?

Ein ebenso herzliches Glück Auf

Alexander Jobst

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Jobst,

ich stimme Ihnen vollkommen zu. Auch ich bin der Meinung, dass Entscheidungen vor allem dort getroffen werden sollten, wo die Menschen davon betroffen sind. Dieses Prinzip geht mit dem Subsidiaritätsprinzip einher, wonach staatliche Aufgaben soweit wie möglich von der jeweils unteren bzw. kleineren Einheit wahrgenommen werden sollen. Nur, wenn die Probleme auf der kleinstmöglichen Ebene nicht zu lösen sind, muss die nächst höhere Ebene greifen. Als Liberaler bin ich Verfechter dieses Prinzips, aber leider wird dem allzu oft zuwider gehandelt.

Ein Beispiel dafür ist die Bundesagentur für Arbeit. Die FDP hat immer für eine dezentrale Lösung gekämpft, stattdessen wurde eine zentralistische Mammutbehörde geschaffen, die mehr verwaltet als gestaltet. Ginge es nach dem Willen der FDP, gäbe es eine schlanke nationale Versicherungsagentur, welche für die Abwicklung der Versicherungsleistungen zuständig wäre; Die eigentliche Job-Vermittlung fände aber auf kommunaler Ebene statt. Ich bin überzeugt, dass die Betreuer vor Ort weit besser über die Arbeitsmarktlage Bescheid wissen, als realitätsferne BA- Mitarbeiter. Derzeit sind die Vermittler unterstes Glied in einer langen Hierarchiekette. Sie handeln strikt nach Anweisung und haben keinen Gestaltungsspielraum. Übertrüge man die Aufgabe auf die Kommunen, gäbe es flachere Hierarchien und die Mitarbeiter könnten weit individueller auf Arbeitsuchende und Arbeitgeber eingehen.

Ein anderes Beispiel sind Schulen. Dort muss in meinen Augen sogar noch unter die Ebene der Kommune gegangen werden. Die Lehrerinnen und Lehrer, die Eltern und Schüler, die Schulmitarbeiterinnen- und Mitarbeiter wissen selbst am Besten, wie mit den Gegebenheiten vor Ort optimal umgegangen werden kann. Schulen in sozialen Brennpunkten haben beispielsweise mit ganz anderen Problemen zu kämpfen als andere, Schulen in strukturschwachen Regionen mit anderen als solchen in Zentren. Das Kollegium kann viel besser abschätzen, ob es mit den zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln lieber den Schulhof sanieren, Schulbücher kaufen oder einen weiteren Lehrer einstellen will. Der Lehrer, der morgens in die Klasse kommt, kann viel besser einschätzen, welcher seiner Schüler wie unterstützt und gefördert werden sollte. Starre Mittelzuweisungen, bürokratische Verhaltensvorgaben und zentralistische Lehrpläne schaden Schulen. Meiner Meinung nach brauchen Schulen viel größere Entscheidungsspielräume.

Ein weiteres Beispiel ist die Finanzpolitik. Viel zu oft kommt es vor, dass Kommunen Leistungen aufgebürdet werden, ohne dass für eine entsprechende Gegenfinanzierung gesorgt wird. So hat Bundesfamilienministerin von der Leyen vollkommen Recht, wenn sie mehr Kindergarten- und Krippenplätze fordert. Als Bundesministerin ist es aber auch leicht, diese Forderung zu stellen, denn die Plätze zur Verfügung stellen müssen die Kommunen, entsprechend müssen diese auch finanziell dafür aufkommen. Indem viele Aufgaben auf Kommunen abgeschoben werden, ohne dass auch entsprechende Finanzströme fließen, schränkt man die Entscheidungsfreiheit der Kommunen enorm ein. Die Kommunen werden so zum Verwalter der Landes- und Bundespolitik degradiert, ohne selbstständig gestalten zu können. Das muss ein Ende haben! Wer die Musik bestellt, muss sie auch bezahlen. Dieses Prinzip nennt man Konnexitätsprinzip und da Selbiges nach Meinung der FDP essenziell für eine gesunde Kommunalpolitik ist, fordern wir dessen Aufnahme ins Grundgesetz.

Sie sehen also: Mir geht es darum, den Kommunen größere Entscheidungsspielräume zu verschaffen, die sie in meinen Augen auch dringend benötigen. Bei jeder Gesetzesvorlage, über die wir in Berlin zu beraten haben, müssen wir uns fragen, ob die Aufgabe nicht eine untere Ebene besser wahrnehmen könnte.

Mit einem herzlichen Glück Auf!

Heinz-Peter Haustein