Frage an Heinz-Peter Haustein von Ronny H. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrter Herr Haustein,
mich persönlich würde der Standpunkt Ihrer Partei und Ihr persönlicher Standpunkt zum Thema Überwachung in Deutschland interessieren.
Angefangen bei Reisepässen und Personalausweisen mit RFID Chips bis hin zur Überwachung der privaten Computer (Stichwort "Bundestrojaner") und Vorratsdatenspeicherung.
Viele Grüße, Ronny Hoffmann
*Bürgerrechte*
Sehr geehrter Herr Hoffmann,
es freut mich, dass Sie sich für meine Position und die der FDP zum Thema Überwachungsstaat und Bürgerrechte interessieren. Gerne werde ich Ihnen unseren Standpunkt erläutern. Die FDP-Bundestagsfraktion setzt sich ein für mehr Freiheit und Sicherheit durch die Stärkung und Verteidigung von Bürgerrechten. Der innere Frieden einer Gesellschaft beruht ebenso auf der Freiheitlichkeit der Rechtsordnung wie auf der Sicherheit ihrer Bürger. Freiheit ist ein Grundpfeiler einer liberalen Bürgergesellschaft. Nicht der Staat gewährt den Bürgern Freiheit, sondern die Bürger gewähren dem Staat Einschränkungen ihrer Freiheit zur Wahrung der Rechte aller. Noch nie sind so viele und so tiefe Einschnitte in Freiheit und Eigentum der Bürger in so kurzer Zeit vorgenommen worden wie in den letzten Jahren. Die besten Beispiele dafür sind die von ihnen angesprochenen Themen:
Die FDP hat sich immer kritisch bezüglich der neuen Reisepässe ausgesprochen, da die verwendeten RFID-Chips und die eingesetzte Technologie unseres Erachtens große Sicherheitsmängel aufweisen. Es ist mehr als ein Jahr vergangen, seit es gelang, die Reisepässe unauthorisiert zu kopieren. Seitdem hat Schwarz-Rot die Sicherheit der Pässe nicht verbessert. Der Schutz der biometrischen Daten vor Manipulation und einem heimlichen Auslesen ist keinesfalls garantiert. Tests bei der Gesichtserkennung haben eine Fehlerquote von bis zu 16 Prozent ergeben. Die Umsetzung der Speicherung der Fingerabdrücke in den Reisepässen fördert die Kriminalität nach Ansicht einiger Experten mehr, als dass sie zur Bekämpfung beiträgt. Angesichts der immer rasanteren Entwicklung bei den Angriffen auf Sicherheitssysteme scheint es nur eine Frage der Zeit, bis auch mit gefälschten Daten in den Reisepässen die Kontrollen erfolgreich überwunden werden. Zudem entzieht die Bundesregierung die biometrischen Daten dem Herrschaftsbereich der Betroffenen und speichert die Daten, ohne dass dies für die Funktion des Reisepasses notwendig wäre. So wird jeder Inhaber des neuen Reisepasses unter den Generalverdacht gestellt, ein potenzieller Straftäter zu sein. Die FDP spricht sich folglich auch entschieden dafür aus, auf eine Einführung von biometrischen Daten in Personalausweise zu verzichten.
Nach Ansicht der FDP-Bundestagsfraktion ist das Ausspähen privater Computer geradezu skandalös. Auf Antrag der FDP hat die Bundesregierung in einer Sitzung des Innenausschusses eingeräumt, dass Online-Durchsuchungen von Computern durch Nachrichtendienste des Bundes bereits seit 2005 auf der Rechtsgrundlage einer „Dienstvorschrift“ stattfinden, die vom damaligen Innenminister Otto Schily abgezeichnet worden sei. Eine Dienstanweisung ist alles andere als eine geeignete Rechtsgrundlage für Eingriffe in die Grundrechte der Bürger. Geradezu empörend ist die Auffassung der Bundesregierung, ein Eingriff in den Schutzbereich der Unverletzlichkeit der Wohnung liege nicht vor, jedenfalls nicht, so lange der Computer „im Garten“ steht. Meines Erachtens handelt es sich bei den Online-Durchsuchungen um eine Verletzung des Fernmeldegeheimnisses und des Grundrechts auf informationelle Selbstbe-stimmung. Letzteres gilt auch für die Vorratsdatenspeicherung, gegen deren europaweit verpflichtende Einführung sich die FDP immer ausgesprochen hat, unter anderem auch mit einem Antrag im Deutschen Bundestag (BT-Drs. 16/128).
Im Gegensatz zur Politik der derzeitigen Bundesregierung und der Vorgängerregierung ist liberale Rechtspolitik der klare Gegenentwurf zu einem schleichenden Abbau von Bürger-rechten und einer Relativierung unserer Grundrechte. Die FDP-Bundestagsfraktion wird mit ihrer engagierten Datenschutzpolitik das Recht der Bürger auf informationelle Selbstbe-stimmung schützen und verteidigen. Damit Datenschutz effektiv und konsequent – sowohl gegenüber dem Staat als auch Privaten gegenüber - umgesetzt werden kann, muss das Datenschutzrecht reformiert und gebündelt werden. Datenschutzfreundliche Technik und deren Anwendung ist ein Qualitätsmerkmal, daher fordern wir ein Gesetz zum Datenschutz-audit, um Produkte und Dienstleistungen als datenschutzfreundlich bewerten lassen zu können.
Ich hoffe sehr und werde mich auch weiterhin dafür einsetzen, dass es bald zu einer Neuausrichtung der Datenschutz- und Rechtspolitik kommt. Maßstab für das Handeln des Gesetzgebers müssen wieder die Grundsätze unserer Verfassung werden. Leitlinien liberaler Rechts-politik sind die Grundrechte und die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.
Ich hoffe sehr, Ihnen mit dieser Antwort geholfen zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Heinz-Peter Haustein, MdB