Heinz Golombeck
FDP
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Frage von Julius R. •

Frage an Heinz Golombeck von Julius R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Golombeck,

der Europäische Stabilitätsmechanismus wird von mir mit großer Sorge betrachtet, da er die deutsche Finanzsouveränität gefährdet. Sind meine Sorgen Ihrer Meinung nach berechtigt? Wenn ja: Was tun Sie gegen diese Entwicklung?

Sie haben dem Hilfspaket für Griechenland und dem Euro-Rettungsschirm zugestimmt. Dieser Rettungsschirm verletzt den Vertrag von Lissabon und untergräbt durch die unvorstellbar hohen Bürgschaftssummen die zukünftige finanzielle Entscheidungsfreiheit des Bundestags. Hinzu kommt, dass auch die Entscheidungsgewalt der griechischen Regierung eingeschränkt wird. In der Summe ein Demokratieverlust auf beiden Seiten und ein Machtgewinn für nicht demokratisch legitimierte EU-Institutionen.

Gleichzeitig werden durch die enormen Hilfen falsche Anreize gesetzt, die die regulierende Wirkung des Marktes (für unzuverlässige Schuldner sind Kredite teuer, folglich können sie nicht viele neue Kredite aufnehmen) unterbinden.

Wieso haben Sie persönlich diesen rechtswidrigen Verträgen zugestimmt? Denken Sie, dass auch nur ein Teil der Bürgschaftssumme jemals zurückgezahlt werden wird?

Mit freundlichen Grüßen
Julius Reuter

Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Reuter,

vorab bedanke ich mich für Ihr kritisches Interesse an meiner Arbeit und den gegenwärtigen finanzpolitischen Herausforderungen. Gerne lege ich Ihnen unter Hinweis auf noch offenstehende Debatten und Gesetzgebungsverfahren meine Position dar:
Ist die deutsche Finanzsouveränität durch den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) gefährdet?

Dieser wird erst ab 2013 in Dienst gestellt. Die Entscheidungen bezüglich etwaiger Hilfspakete aus dem ESM werden im gegenseitigen Einvernehmen durch den Gouverneursrat, der aus den Finanzministern der Mitgliedstaaten besteht, getroffen. Es ist somit sicher gestellt, dass gegen den Willen einzelner Mitgliedstaaten, und damit auch Deutschland als größter Anteilseigner, nicht entschieden werden kann. Es trifft nicht zu, dass automatisch, quasi im Gleichlauf mit dem ESM, eine Aushebelung des parlamentarischen Budgetrechts vollzogen wird. Die Budgethoheit gilt als das Königsrecht des Bundestags und besitzt daher - wie auch mehrfach durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts festgestellt wurde - elementarste Bedeutung. Diese Bedeutung schlägt sich auch in den Fragestellungen nach den zu unterstützenden Ländern, dem möglichen Hilfsvolumen und den dafür erforderlichen Instrumenten nieder. Diesbezüglich entscheidend wird das Gesetz, welches den völkerrechtlichen ESM-Vertrag in deutsches Recht umsetzt. Dies bedeutet nichts weniger als dass derzeit noch keine Souveränität verloren gegangen ist und hierüber alleinentscheidend die Implementierung europäischer Beschlüsse in unser Rechtssystem sein wird. Einen fertigen Entwurf dazu kann ich Ihnen noch nicht erläutern oder gar anhängen. Somit verbleibt einzig der Hinweis auf die liberale und insbesondere verfassungsstaatliche Selbstverpflichtung der FDP: Sie können darauf vertrauen, dass eine den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts entsprechende Parlamentsbeteiligung in derartigen Fällen meine Zustimmung zu diesem Gesetz entscheidend beeinflussen wird. Alle Entscheidungen des ESM, die das Haushaltsrecht des Deutschen Bundestages berühren, müssen durch einen strikten Parlamentsvorbehalt abgesichert und damit demokratisch legitimiert werden. Andernfalls wäre das von Ihnen befürchtete Demokratiedefizit tatsächlich gegeben und beanstandenswert.

Warum habe ich das bisherige Handeln in der bzw. gegen die Schuldenkrise unterstützt? Ich vertraue in die Wirksamkeit und Effektivität bisheriger Lösungsansätze. Selbstverständlich sind angesichts der abstrakten weltwirtschaftlichen Zusammenhänge und verschiedenster Einflussfaktoren starre Patentlösungen undenkbar. Daher wird stets ein dynamisches Handeln mit auf die Entwicklung des Marktes abgestimmten Nachbesserungen seitens der Politik notwendig sein.

Als derzeit einzig denkbare Alternative zu dem Europäischen Stabilitätsmechanismus kommen die vielfach diskutierten Eurobonds in Frage. Hierbei handelt es sich um eine Vergemeinschaftung von Schulden, welche ein tatsächlicher Einstieg in die Haftungsunion darstellte. Dies lehne ich gemeinsam mit der FDP entschieden ab. Neben den negativen Folgen durch steigende Zinskosten für Deutschland würden damit die Anreize für eine solide Haushaltspolitik in den Peripheriestaaten endgültig außer Kraft gesetzt.

Ferner sollte auch bedacht werden, dass wir uns mit den Hilfsprogrammen nicht zuletzt selbst helfen. Es geht eben nicht mehr nur um einzelne Länder, da das Risiko besteht, dass die Schuldenkrise auf weitere Länder übergreift. Davon wäre auch Deutschland in höchstem Maße negativ betroffen. Kurzum: Wir zahlen nicht, weil wir müssen, sondern weil wir uns selbst dadurch retten. An dieser Stelle soll auch nicht der Hinweis fehlen, dass aktuell noch keine Steuergelder geflossen sind, der Begriff „zahlen“ mithin irreführend ist. Bisher wurden lediglich Kredite und Garantien abgegeben, von deren Auslösung nebst Zinsen auszugehen ist.

Mit freundlichen Grüßen

Heinz Golombeck, MdB