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Heinrich Niemann
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Frage von Mike R. •

Frage an Heinrich Niemann von Mike R. bezüglich Verkehr

Sehr geehrter Herr Dr. Niemann

Ich wähle zum ersten mal in Marzahn Hellersdorf und befasse mich nun mit der Frage der Glaubwürdigkeit der Linken Partei zu früheren Wahlversprechen.
Insbesondere fällt mir hier das Strassenausbaubeteiligungsgestz, welches 2006 durch die Linken und der SPD durch den Berliner Senat geboxt wurde, auf.
Laut Wahlversprechen waren die Linken gegen dieses Gesetz und beschlossen es dennoch mit. Laut angaben der Gesetzeswegbereiter sollten die Kosten pro Anlieger 500,- bis 4000,- Euro betragen, die tatsächlichen Kosten belaufen sich aber auf 10.000,- bis 15.000,- Euro. (Quelle CDU)
Wie stehen Sie zu der Wankelmütigkeit der Linken in der Berliner Regierung?
Wie gedenken sie mit diesem Gesetz umzugehen?

Eine weitere Frage erbitte ich noch,
Ich möchte mich nicht an einer Verurteilung ehemaliger Stasimitarbeiter beteiligen, trotz einstiger Verfolgung durch die Stasi. Mich interessiert viel mehr der Umgang mit den Verheimlichern. Mehr als einmal haben hehemalige "IM´s" die Gelegenheit gehabt sich zu outen und sich der öffentlichen Kritik zu stellen. Manch einer zog seine Konsequenzen andere waren trotz Mitarbeit im politischen Leben weiterhin erfolgreich. Viele der Lügner verstecken sich in den Reihen der Linken, ehemaligen PDS, einstigen SED. Sind sie nicht auch der Meinung, dass der Egoismus solcher Leute die Linken in ihrer Glaubwürdigkeit schaden? Und sind sie nicht auch der Meinung, endlich alle Stasiakten offen zu legen auf das diese Lügner endlich mit ihrer Vergangenheit konfrontiert werden und die Partei sowie der Wähler daraus sein weiteres Vorgehen ableiten kann? Letztlich, unterstützen sie die Arbeit der Gauk-Behörde (BStU) uneingeschränkt?

Mit freundlichem Gruß
Mike Rosenthal

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Rosenthal,

zunächst einmal finde ich es gut, dass Sie sich mit den Wahlaussagen und Wahlversprechen der Parteien befassen. Ich hoffe, dass Sie dass mit gleicher Intensität bei den anderen Parteien tun wie bei der LINKEN.
Ihrer Frage zum Straßenausbaubeitragsgesetz entnehme ich, dass sie sich dabei auf Informationen der CDU stützen und leider einigen Fehlinformationen aufgelaufen sind.

Falsch ist, dass die LINKE, entgegen einer ihrer früheren Wahlaussagen, das Straßenausbaubeitragsgesetz 2006 mit beschlossen habe.

Dieses Gesetz ist zustande gekommen nicht zuletzt im Ergebnis eines großen politischen Drucks auf Berlin. Berlin wollte 2006 über eine Verfassungsklage vor dem Bundesverfassungsgericht eine Entlastung für seine hoch verschuldete Haushaltssituation erreichen. So hatten damals andere Bundesländer, darunter besonders die CDU-regierten als eine Art Vorbedingung verlangt, dass Berlin auch ein Straßenausbaubeitragsgesetz verabschiedet, das es bis auf ein Bundesland in allen Bundesländern gibt.
Dem hat sich die LINKE in der Regierungsverantwortung gestellt, nicht ohne im Berliner Gesetz Mitspracheregelungen der Anlieger und der Bezirksverordnetenversammlungen (BVV) durchzusetzen, die in anderen Bundesländern ihresgleichen suchen.
Die Klage ist bekanntlich gescheitert. Und die Gesetzesdurchführung in einigen Berliner Bezirken hat seine praktische Untauglichkeit erbracht. Dazu zählt, dass z.B. in den Bezirken mit für Straßenbau zuständigen Stadträten der CDU (-die am lautesten gegen das Gesetz schreit-) eben gerade diese Mitsprache der Anwohner und BVV nicht oder unzureichend herbeigeführt wurde.

Richtig ist, dass die Partei der LINKEN auf ihrem Parteitag im März 2011 Lehren daraus gezogen und die Abschaffung dieses Gesetzes zum nächstmöglichen Zeitpunkt in ihr Wahlprogramm aufgenommen hat. Das haben u.a.die Parteivertreter aus Marzahn-Hellersdorf und Treptow-Köpenick bewirkt. In Marzahn-Hellersdorf ist im übrigen bisher das Gesetz in den Siedlungsgebieten bzw. gegen den Anliegerwillen nicht angewendet worden. Dazu gibt es auch einen besonderen Beschluss der BVV.

Richtig ist auch, dass die CDU im Wahlkampf diesen Beschluss der LINKEN für eine Vorlage im Berliner Abgeordnetenhaus genutzt hat mit dem Antrag, das Gesetz jetzt sofort mit ihren Stimmen der Opposition und den Stimmen der Regierungspartei die LINKEN abzuschaffen. Das war rechnerisch möglich und im Wahlkampf propagandistisch nicht ungeschickt. Man kann sehr schön Stimmung damit machen.
Trotzdem, der Antrag wurde abgelehnt. Niemand konnte doch ernsthaft erwarten, dass eine Partei, hier die LINKE, gleichsam mit einem Handstreich aus einer Koalition und einem politischen Koalitionsvertrag aussteigt. Auf Dauer würde das m.E. doch nur denjenigen nützen, die eine künftige gemeinsame Regierungsoption Rot-Rot verhindern wollen.
Für die LINKE war und ist das natürlich keine einfache Situation. Für mich persönlich auch nicht, denn ich muss mich ja den Fragen und auch manchen provozierten Ängsten in meinem Wahlkreis persönlich stellen.
Ganz abgesehen davon, dass erstaunlicher Weise in all den Debatten bisher diejenige Partei in Berlin von der CDU verschont wird, von der - so oder so - der weitere Umgang mit dem Straßenausbaubeitragsgesetz entscheidend abhängt, nämlich die SPD, die ja auch fachlich mit dem Senatsressort der Stadtentwicklung dafür unmittelbar verantwortlich ist und nicht die LINKE.
Meine Partei die LINKE wird wie alle anderen Parteien nach den Wahlen auch daran gemessen, wie ernst es mit der Abschaffung dieses Gesetzes und einer besseren Neuregelung ist.
Übrigens, auch die von Ihnen genannten Zahlen hat nie ein Vertreter meiner Partei verkündet, warum werfen sie es uns dann vor? Auch nicht die immer wieder von Herrn Czaja (CDU) in die Welt gesetzten 233.000 Euro Beitrag für ein Grundstück in Pankow. Er verschweigt dabei wider besseres Wissen, dass die Beitragsberechnung auf einer Grundstücksfläche von mehr als 51.000 m² beruht, das mit einer Wohnanlage aus vierstöckigen Wohnhäusern bebaut ist und einem Immobilienunternehmer gehört. Das entspricht rund 100 Einfamilienhäusern mit ca. 500m².

Zu Ihrer Frage zum Umgang mit ehemaligen MitarbeiterInnen des MfS:

Das berührt natürlich eine sehr umfangreiches Thema, zumal immer wenn Wahlzeiten sind eine Art "Stasifizierungs-Syndrom" in den Medien auftaucht.
Der Gesetzgeber hat mit dem einschlägigen Gesetz und der Einrichtung eines Bundesbeauftragten, der seit einigen Wochen Herr Roland Jahn ist, eine geltende Rechtsgrundlage geschaffen.
Meine Partei die LINKE hat ebenfalls seit Jahren klare Regelungen insbesondere für diejenigen Mitglieder, die sich um Mandate ihrer Partei bewerben. Sie werden angewendet und bedürfen meiner Meinung nach keiner Veränderung. Dass es die von Ihnen geschilderten Fälle gibt, ändert nichts daran. Die Erfahrung zeigt auch, dass bei scheinbar gleichem Sachverhalt jeder Fall individuell zu prüfen ist. Dass im Einzelfall das Verhalten weniger Mitglieder auch der Partei geschadet hat, ist nicht zu bestreiten. Wie Sie wissen, gibt es solche Fälle auch in anderen Parteien. Hier sollten auch die gleichen Maßstäbe gelten.
Von einer Totaloffenlegung, die Sie aufwerfen, halte ich nichts. Dagegen sprechen auch rechtliche Gründe.

PS : Sind Sie nicht auch der Meinung, endlich auch die Akten aller anderen Geheimdienste zu öffnen?

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Heinrich Niemann