Frage an Heinrich Niemann von Karl-Heinz S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Dr. Niemann,
in der RBB-Sendung „Klipp & Klar“ am 30.8. sagte Ihr Spitzenkandidat Harald Wolf wörtlich: „Es gibt keine Rechtfertigung für den Mauerbau“.
Laut einem Bericht des „Tagesspiegel" vom 12.8. nannte der Fraktionsvorsitzende Ihrer Partei im Bundestag Gregor Gysi den Bau der Mauer „zutiefst inhuman“. Für ihn gebe es deshalb nur eine Verurteilung einer solchen Maßnahme.
Sie scheinen nach Ihrer Antwort vom 25.8. auch heute noch Verständnis für den Mauerbau zu haben und anderer Meinung als führende Mitglieder Ihrer Partei zu sein. Sehe ich das richtig?
Mit freundlichen Grüßen
Karl-Heinz Schlosser
Sehr geehrter Herr Schlosser,
in meinen Antworten zu dieser Thematik habe ich mich eindeutig erklärt. Aus einem Blick von heute ist der Bau der Mauer, klarer das von der DDR praktizierte Grenzregime an und mit der Mauer gegen die Bürger der DDR, nicht zu rechtfertigen.
Mein Anliegen bleibt jedoch, dass nicht ausgeblendet und vergessen wird, dass und wie bis 1961die gerade erst 12 Jahre bestehende DDR an einer wohl einmaligen, selbst nach westlicher Expertenmeinung damals unnatürlich unkontrollierten "Offenen" Grenze zwischen den beiden Blöcken und Systemen vom Westen her, z.T. gezielt wirtschaftlich belastet und geschädigt wurde, Vorteile auf Kosten der Arbeit der Leute in der DDR einseitig ausgenutzt wurden, Fachleute (z.B. Ärzte) auf Kosten der DDR und der Patienten abgeworben wurden...
Das zu rechtfertigen als legitime Mittel gegen eine andere, im Entstehen befindliche Gesellschaftsordnung, die vom Westen politisch abgelehnt und bekämpft wurde, halte ich auch heute für sehr problematisch.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Heinrich Niemann