Frage an Heinrich Niemann von Sebastian F. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Dr. Heinrich Niemann,
Ich bin Erstwähler und wohne in Mahlsdorf-Süd, der Ortsteil, indem sie die einzige Oberschule (Elsengrund) geschlossen haben. Ich habe die vorherigen Beiträge gelesen und bin erbost, dass Sie der Meinung sind, dafür nicht verantwortlich gewesen zu sein, (wer hat denn in der BVV die Mehrheit und stellt den Bürgermeister? Wen ist denn die von Ihnen angeführte SPD Stadträtin rechenschaftspflichtig, sie war IM der Stasi und hat entschieden, dass ich hier nicht weiter zur Schule gehen konnte und mir und meinen Freunden weite Wege zur Schule beschert)
Gestern, am 13.08.2011, war 50 Jahre Mauerbau. Über 1500 Menschen wurden kaltblütig an der Mauer umgebracht, regierende Partei war die ehemalige SED, die heutige Linke. Nachweisbar ist, dass sich die SED nur mehrere Male umgenannt hat und nun Die Linke ist. Sie sind Mitglied dieser Partei. Meine weiteren Fragen wären:
Wie haben sie den Tag gestern verbracht? Haben sie bei der Schweigeminute um 12 Uhr teilgenommen?
Auf einer Ihrer Seiten steht das sie als Facharzt für Sozialmedizin bis 1990 für die DDR-Sektion der Ärzteorganisation gegen den Nuklearkrieg IPPNW tätig waren. Wie waren Sie in das DDR-System nun direkt eingebunden ? Welche poltische Funktion führten sie aus ?
Hochachtungsvoll,
Sebastian Fitzner
Sehr geehrter Herr Fitzner,
obwohl aus Ihren Fragen zum Teil doch ein beachtliches VOR-Urteil schon erkennbar ist, möchte ich versuchen im Rahmen dieses abgeordnetenwatch eine Antwort zu geben.
1. Zur Schulschließung Elsenseestraße.
In meiner Antwort auf die entsprechenden Fragen, ja in bestimmter Hinsicht auch in der Antwort von Herrn Czaja (CDU) ist der Hergang und die Problematik dieser Schulschließung hinreichend dargestellt.Auch zu meinem Standpunkt zur Vorhaltung von Flächen für Schulen ist nichts hinzuzufügen. Auf jeden Fall ist eine Schließung eine ernsthaft zu prüfende Sache, wofür es wichtige Gründe geben muss und wofür es im Land Berlin eine geregelte Vorgehensweise und Verantwortlichkeit gibt. Weder kann die BVV so einfach mehrheitlich eine Schulschließung verhindern, noch hat ein/e Bürgermeister/in das Recht, in die Zuständigkeit des Bildungsstadtrates hinein zu regieren. Es sei denn, es liegen Verstöße gegen Recht und Gesetz vor. Ihre sachwidrige Unterstellung, ich hätte eine SPD-Stadträtin angeführt, weise ich zurück. Ihre Frage zeigt auch, dass Sie das tatsächliche Stimmenverhältnis und damit die Mehrheitsverhältnisse in der BVV nicht kennen: Die LINKE verfügt in der BVV Marzahn-Hellersorf über 22 Sitze bei insgesamt 55 Sitzen.
2. Zum 13. August
Ich war am 13. August nicht in Berlin, sondern unterwegs. Ich habe mich aber nicht nur um 12 Uhr, sondern in den letzten Tagen bis heute sehr häufig und ernsthaft mit diesem Datum befasst. Denn ich habe als junger Mensch die Zeit um 1961 in der DDR miterlebt, die zugespitzte und gefährliche Situation und manche Folgen zu spüren bekommen, die z.B. auch aus einer vom Westen geförderten Abwanderung (Flucht) von ausgebildeten Ärzten entstanden. Wenn auch die von Ihnen genannte Zahl der Maueropfer um eine Zehnerpotenz falsch ist, so ist jeder Tote an dieser Grenze einer zu viel, ein unnötiges Opfer des kalten Krieges und eines gegen die DDR-Bürger gerichteten Grenzregimes. Entgegen Ihrer Auffassung ist die LINKE allerdings nicht nur nicht eine "umbenannte" SED, die übrigens um die zwei Millionen Mitglieder hatte. Sie hat sich mehrfach mit der SED grundsätzlich auseinandergesetzt und sich von ihrer Politik distanziert. Aber die LINKE, wie sie heute besteht, ist hervorgegangen aus der Vereinigung der PDS und der WASG, die nun als politische Kraft in den alten Bundesländern überhaupt nichts mit der SED zu tun hatte. Unser Parteistatut, der jetzt vorliegende Programmentwurf, vor allem die praktische Politik belegen das alles hinreichend.
3. Meine Arbeit in der DDR:
Nach meiner Ausbildung als Motorenbauer, dem Medizinstudium und der Facharztweiterbildung habe ich mich mit Fragen der medizinischen Hochschulbildung und Studentenfragen befasst und danach mehrere Jahre in der AG Gesundheitswesen der damaligen SED-Bezirksleitung für eine möglichst gute medizinische Betreuung in Berlin gearbeitet, bevor ich als verantwortlicher Sekretär für die DDR-Sektion der IPPNW berufen wurde. Ich habe also in der DDR Verantwortung auf gesundheitspolitischem Gebiet getragen.
Mit dem Wunsch, dass Sie als Erstwähler eine verantwortungsbewusste Wahl treffen verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
Dr. Heinrich Niemann