Frage an Heiner von Marschall von Jens L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr von Marschall,
am 17.Sep. können die wahlberechtigten Bürger auch erstmalig über die kommunalpolitische Mitbestimmung in Berlin entscheiden.
Sind Sie auch, wie ich der Meinung, dass dieses erst der Anfang sein soll? Die Mitbestimmung könnte noch ausgeweitet und ergänzt werden. s. BVV Pankow und Mitte.
Würden Sie der Abschaffung der 5% Klause für das Abgeordnetenhaus zustimmen?
Es gibt in Berlin, u.a. die ödp-Ökologisch-Demokratische Partei-diese finanziert sich nur aus Mitgliederspenden und Zuschüsse von Privatleuten. Firmenspenden werden von ihr nicht angenommen.
Damit ist sie gegenüber der Wirtschaft unbestechlich.
Auch, so weiß ich ist sie gegen die Doppelbesetzung von Ministerposten u.ä. und von Aufsichtsratposten.
Wenn ich eine ökologisch ausgerichtete Partei wählen möchte, wieso sollte ich dann die Grünen wählen, wenn ich sehe, dass die ödp nach meiner Ansicht bereits 2 Vorteile gegenüber den Grünen hat?
Sehr geehrter Herr Look,
herzlichen Dank für Ihre Frage, die ich gerne beantworte.
1. Selbstverständlich bin ich zusammen mit den GRÜNEN der Meinung, dass die direkte Mitbestimmung der BürgerInnen ausgeweitet werden sollte. Dies können Sie im einzelnen auch in unserem Wahlprogramm nachlesen unter
http://gruene-berlin.de/site/fileadmin/dateien/2006/Wahlprogramm_2006.pdf
insbesondere ab S. 55 "Bürgerengagement fördern und Beteiligungsrechte ausbauen".
2. Der Abschaffung der 5%-Hürde kann ich nicht zustimmen. Als Historiker weiß ich, dass der Parlamentarische Rat 1948 diese Bestimmung sehr bewusst eingeführt hat als Antwort auf die Erfahrung aus der Weimarer Republik, wo die Zersplitterung des Parlamentes seine Entscheidungsunfähigkeit herbeiführte und so erst der totalitären Diktatur die Tore öffnete. Es ist Sinn und Inhalt der Demokratie, sich in der Diskussion auseinanderzusetzen, aber auch zur Erreichung bestimmter Ziele zusammenzuschließen. Dass dies auch tatsächlich möglich ist, zeigt nicht zuletzt die Geschichte der GRÜNEN. Die immer weitergehende Spaltung in immer mehr Splittergrüppchen ist dagegen nicht förderlich.
3. Entsprechend ist meine Haltung zur "ödp", die sich offenbar besonders zur Aufgabe macht, die GRÜNEN zu bekämpfen. Wem und welchen Interessen wird denn dadurch gedient?
4. Auch wir GRÜNEN sind gegen die Ämterballungen bei einzelnen Personen, ob es sich um Aufsichtsratposten oder Ministerämter handelt. Wir sind übrigens die einzige Partei, die dies auch auf sich selbst bezieht und in ihrer Satzung entsprechend festgeschrieben hat.
5. Wenn Sie daher nicht nur eine angeblich ökologisch ausgerichtete Partei wählen möchten, sondern eine Partei, die wirklich an einem ökologischen Umdenken tagtäglich arbeitet und auch die Chance hat, ökologische Forderungen tatsächlich umzusetzen, dann sollten Sie nach meinem Ermessen die GRÜNEN wählen. Noch vor zwanzig Jahren galten Menschen, die politisch für ein ökologisches Umdenken und den Erhalt der Umwelt und damit unserer Lebensgrundlagen eintraten, als utopistische Phantasten. Heute sind viele dieser Ziele Allgemeingut geworden und einige Forderungen, bis hin zum Ausstieg aus der unverantwortlichen Atompolitik, konnten durchgesetzt werden.
Dies wurde möglich durch das beharrliche Eintreten der Grünen für eine ökologische Politik. Dafür werden wir auch weiter eintreten, im Bezirk, im Abgeordnetenhaus und im Bund, ebenso wie für Beteiligungsgerechtigkeit auf allen Ebenen, von wirklicher Chancengleichheit in der Bildungspolitik bis hin zu mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten für die BürgerInnen.
Ich freue mich daher über jede einzelne Wählerstimme, die eine ökologische und auch über die einzelne Legislaturperiode hinaus längerfristig verantwortungsvolle Politik im Abgeordnetenhaus und in den BVVen stärkt, und nicht durch Abstinenz oder spalterische Eigenbrötelei schwächt.
Ich hoffe, damit Ihre Frage, warum Sie die GRÜNEN wählen sollten, ausreichend beantwortet zu haben. Für weitere Fragen stehe ich gerne zur Verfügung.
Mit herzlichem Dank und freundlichen Grüßen
heiner v. marschall