Frage an Heiko Schmelzle von Bernd S. bezüglich Gesundheit
Moin Herr Schmelzle,
wie stehen Sie zu Glyphosat und wie würden Sie darüber abstimmen, wenn es was abzustimmen gäbe?
Kurz und knapp mit Gruß von der Insel
Bernd Stürenburg
Lieber Bernd Stürenburg,
Ihr Anfrage vom gestrigen 12.5.2016 habe ich erhalten.
Für mich ist die maßvolle Anwendung von Pflanzenschutzmitteln entscheidend. Die Anwendung muss unter Wahrung des - im weltweiten Vergleich - in Deutschland geltenden hohen Schutzniveaus für Mensch, Natur und Umwelt geschehen. In diesem und folgend geschilderten Rahmen ist eine weitere Nutzung aus meiner Sicht vertretbar.
Der Wirkstoff Glyphosat ist seit 40 Jahren in Deutschland zugelassen und wird in der Landwirtschaft zum Beispiel zur Bekämpfung von Unkräutern eingesetzt. Das wohl bekannteste glyphosathaltige Pflanzenschutzmittel ist „Roundup“. In Deutschland und der EU unterliegt die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln strengsten Auflagen. Pflanzenschutzmittel durchlaufen im Rahmen der teilweise langjährigen Zulassungsverfahren intensive Prüfungen, in denen sie hinsichtlich ihres Risikos für Mensch und Umwelt geprüft werden. Dies gilt selbstverständlich auch für Glyphosat, dass einer der am intensivsten untersuchten Wirkstoffe weltweit ist.
Anlass für die aktuelle Diskussion ist die Einstufung von Glyphosat als wahrscheinlich krebserzeugend durch die „Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC)“, einer Unterorganisation der Weltgesundheits-organisation (WHO). Die Bewertung ist wissenschaftlich umstritten - auch innerhalb der WHO. Klar ist, die IARC verfolgt einen gefahrenbezogenen Ansatz, d.h. Stoffe werden nach ihrem theoretischen Gefährdungspotenzial eingestuft. Über das reale Risiko, das mit der Anwendung eines Stoffes verbunden ist, und ab welcher Intensität der Exposition eine gesundheitliche Gefährdung besteht, wird keine Aussage getroffen. Beispielsweise sind in der gleichen Kategorie wie Glyphosat auch die Arbeit als Friseur, Schichtarbeit und Mate-Tee eingestuft. Alkohol und Sonnenlicht finden sich sogar in der höchsten Risikokategorie „krebserregend für den Menschen“.
Die wissenschaftliche Abschätzung eines tatsächlichen Risikos bei der Anwendung und Aufnahme eines Stoffes obliegt in Deutschland dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). Die fachliche Unabhängigkeit des BfR ist gesetzlich verankert und garantiert, dass Entscheidungen auf Grundlage von wissenschaftlichen Fakten und frei von politischer, wirtschaftlicher oder gesellschaftlicher Einflussnahme getroffen werden.
Das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) kommt bei der turnusmäßigen Neubewertung von Glyphosat zu dem Schluss, dass bei sachgerechter Anwendung keine Gefahr für die menschliche Gesundheit besteht. Dabei wurden neben der Einschätzung des IARC rund 1000 Studien und Veröffentlichungen in die Bewertung einbezogen. Für mich gibt es keinen Grund an der Expertise des BfR zu zweifeln. Denn mit seiner Einschätzung befindet sich das BfR im Einklang mit anderen nationalen und internationalen Bewertungsbehörden. So teilen die Europäische Chemikalien Agentur (ECHA), das Joint Meeting on Pesticide Residues (JMPR) der WHO, die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) aber auch alle Zulassungsbehörden in den Mitgliedstaaten der EU sowie von bspw. Australien, USA und Brasilien die Bewertung des BfR.
Dieser Einschätzung ist auch die European Food and Safety Authority (EFSA) gefolgt und hat der Europäischen Kommission vorgeschlagen, den Wirkstoff Glyphosat auch weiterhin in Pflanzenschutzmitteln zu erlauben. Kurzfristig soll auf europäischer Ebene über die von der EU-Kommission vorgeschlagene Zulassungsverlängerung von Glyphosat abgestimmt werden.
Bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln teile ich die Meinung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, die für ein fakten- und wissenschaftsbasiertes Verfahren eintritt. Für ein Verbot von Glyphosat gibt es auf Grundlage der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse keinen sachlichen Grund. Deshalb befürwortet die Unionsfraktion eine Verlängerung der Zulassung des Wirkstoffs Glyphosat im Rahmen der jetzt schon geltenden strengen Anwendungsbedingungen.
Selbstverständlich sind Pflanzenschutzmittel so sparsam wie möglich anzuwenden und so auszubringen, dass sie für Mensch und Natur unbedenklich sind. Dafür gelten in Deutschland sehr strenge Anwendungsbestimmungen und Grenzwerte für Rückstände, die in Lebensmitteln noch enthalten sein dürfen. Hier werden sehr hohe Sicherheitsmargen vorgeschrieben, um Risiken auszuschließen.
Ohnehin weisen deutsche Lebensmittel seit Jahren sehr gute Ergebnisse bei der Überprüfung auf Pflanzenschutzmittelrückstände auf. Laut dem zuständigen Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) wurden bei über 98 Prozent der Lebensmittel keine bzw. nur minimale, also deutlich unter den strengen gesetzlichen Grenzwerten liegende, Pflanzenschutzmittelrückstände festgestellt.
Mit freundlichen Grüßen
Heiko Schmelzle MdB
Zusatzinformationen:
Glyphosat in Muttermilch:
Die Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN hatte im Mai und Juni 2015 sechzehn Proben von Muttermilch durch ein privates Labor auf Rückstände von Glyphosat untersuchen lassen. Die Ergebnisse wurden ohne weitere Angaben zum Testverfahren publiziert.
Da erhebliche wissenschaftliche Zweifel an dem angewandten Testverfahren und den Ergebnissen bestanden, hat das BfR zwei renommierte Untersuchungslabore damit beauftragt, neue Nachweismethoden für Glyphosat zu entwickeln. Mit den neuen Analyseverfahren, die mehr als zehnmal empfindlicher sind, als bisherige Verfahren, kam die Studie zu dem Ergebnis, dass keine Rückstände von Glyphosat in Muttermilch nachweisbar sind.
Glyphosat in Bier:
Der Verein „Münchner Umweltinstitut“ veröffentlichte am 25. Februar 2016 Spuren von Glyphosat im Bier gefunden zu haben. Da es sich bei Glyphosat um ein seit 40 Jahren zugelassenes Pflanzenschutzmittel handelt, ist es nicht ungewöhnlich, dass Rückstände in Lebensmittel gefunden werden können.
Diese Rückstände sind aber nur in engen Grenzen zugelassen, bei denen absolut sichergestellt ist, dass kein gesundheitlicher Schaden entstehen kann. So muss ein Verbraucher nach Angaben des BfR etwa 1000 Liter am Tag trinken, bevor überhaupt gesundheitliche Effekte auftreten könnten.
http://www.bfr.bund.de/cm/343/vorlaeufige-einschaetzung-zu-gehalten-von-glyphosat-in-bier.pdf