Frage an Heike Sudmann von Claus S. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen
Sehr geehrte Frau Sudmann!
Demnächst entscheidet die Bürgerschaft über die Vergabe der Baukonzession für den Elbtower.
Grundlage für das Verfahren war eine Broschüre „Grundstücksangebot im Quartier Elbbrücken“ der HafenCity Hamburg GmbH vom 31. Mai 2017.
https://www.hamburg.de/contentblob/11616966/ee38eedbcfcdfbf932d2e5007881...
In der Angebots-Broschüre hieß es auf Seite 53, Interessenten müssten einen Erbbaurechtsvertrag abschließen. Das Erbbaurecht sei für die Dauer von 80 Jahren zu bestellen, mit einer Option auf eine einvernehmliche Verlängerung. Und weiter: „Nach Beendigung des Erbbaurechts gehen sämtliche baulichen Anlagen entschädigungslos in das Eigentum der Erbbaurechtsgeberin über“, also in das Eigentum der Stadt Hamburg.
Der zwischenzeitlich abgeschlossene Vertrag mit dem Investor ist im Transparenzportal veröffentlicht.
http://suche.transparenz.hamburg.de/dataset/grundstueckskaufvertrag-elbt...
Das Dokument enthält etliche Schwärzungen und nicht alle seine Anlagen sind veröffentlicht. In den Teilen, die zugänglich sind, konnte ich keine Bestimmung finden, die sicherstellt, dass das Grundstück und die baulichen Anlagen nach Ablauf der erwähnten Frist entschädigungslos an die Stadt zurückfallen.
Habe ich etwas übersehen oder können Sie bestätigen, dass auf diese Bestimmung verzichtet wurde?
Wenn ja, warum?
Wäre dies nicht ein erhebliches Zugeständnis zum Nachteil der Stadt?
Und wäre dies im Einklang mit den Vergaberegeln, denn die Rückübertragung wurde in der Ausschreibung als zwingender Bestandteil des Vertrages angekündigt?
Danke im Voraus für Ihre Antwort und mit freundlichen Grüßen
C. S.
Sehr geehrter Herr S.,
vielen Dank für Ihre Frage und Ihr Interesse an dem Grundstücksgeschäft rund um den „Elbtower". Abgesehen von der Tatsache, dass es um das höchste Haus Hamburgs (ca. 235 Meter) bisher keine vom Senat oder der Stadtentwicklungsbehörde initiierte breite öffentliche Diskussion gab, ist auch das Gebaren des Senats bei dem Grundstücksgeschäft seltsam.
Wie der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Anfang September 2018 auf Anfrage der Fraktion DIE LINKE hin nach einer vorläufigen Prüfung mitteilt, bestehen Zweifel, dass diese Schwärzungen den Ansprüchen von Bürger_innen nach dem Transparenzgesetz genügen.
Die Bürgerschaft kann nach meiner Überzeugung über diesen Kaufvertrag nicht entscheiden, wenn wesentliche Passagen wie die Höhe der Vertragsstrafen geschwärzt sind. Der Datenschutzbeauftragte listet mehrfach Beispiele auf, wo ganze Abschnitte komplett geschwärzt sind, so dass auch aus dem Kontext nicht nachvollziehbar sei, was hier geregelt wird. Kein Mensch unterschreibt einen Vertrag, wenn er weder die Strafklauseln noch alle Regelungen kennt. Ich frage mich, ob der Senat nichts aus dem Desaster Elbphilharmonie gelernt hat. Die Hamburger_innen immerhin haben daraus gelernt, dass der Senat kein blindes Vertrauen für seine Vertragsabschlüsse verdient.
Da der Senat sich für einen Verkauf des Grundstücks statt für das Erbbaurecht entschieden hat, werden Sie auch in einer ungeschwärzten Fassung des Kaufvertrags weder eine Frist für die Nutzung des Grundstücks noch eine Klausel zum Rückfall des Grundstücks an die Stadt nach einer bestimmten Nutzungsfrist finden.
Weshalb der Senat in der Grundstücksausschreibung einerseits das Erbbaurecht voraussetzte, andererseits aber auf S. 52 eine Öffnungsklausel aufnahm ("Ausnahmsweise kommt auch ein Grundstückskaufvertrag in Betracht, wenn sichergestellt ist, dass gleichwertige Regelungen sowohl wirtschaftlich wie auch in Hinblick auf die Qualitätssicherung (Planungs-, Bau- und Nutzungsphase, Rückübertragung) vereinbart werden können und der Bieter nachweist, dass ihm der Abschluss eines Erbbaurechtsvertrags nicht möglich ist." ) werde ich den Senat in der noch ausstehenden Anhörung im Stadtentwicklungsausschuss fragen.
Als Linke sind wir generell gegen den Verkauf städtischer Grundstücke. Für eine langfristige Stadtentwicklung ist es wichtig, über städtische Grundstücke verfügen zu können. Der Ausverkauf und die Privatisierung der Stadt in den letzten Jahrzehnten - nicht nur in Hamburg - haben zu dem Mietenwahnsinn und den hohen Grundstückspreisen enorm beigetragen.
Mit freundlichen Grüßen
Heike Sudmann