Frage an Heidrun Dittrich von Nicole Dr. S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Guten Tag Frau Dittrich,
als Mitglied des U-Ausschuss für BE ist es für Sie bestimmt kein Problem, mir die Definition Ihrer Partei zum Begriff Bürgergesellschaft bzw. Zivilgesellschaft mitzuteilen. (gern auch mit online-verfügbarer Quelle).
Vielen Dank und
demokratische Grüße
Dr. Nicole D. Schmidt
Sehr geehrte Frau Schmidt,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Da Sie in dem Gebiet der Freiwilligentätigkeit tätig sind und dazu bereits publiziert haben, wissen Sie sicher, dass die Begriffe der „Bürgergesellschaft“ und der „Zivilgesellschaft“ sowohl politisch als auch wissenschaftlich sehr umkämpft sind. Die Partei DIE LINKE. ist eine plurale Partei, sodass ich mir nicht anmaße, eine Definition der Begrifflichkeiten für die gesamte Partei zu geben.
In der Literatur wird die „Zivilgesellschaft“ oder die „Bürgergesellschaft“ als dritte Sphäre der Gesellschaft verstanden, die jenseits des Staates, aber auch des Marktes liegt. Dazu zählen die Organisationen der Selbstorganisation der Bürger wie z. B. soziale Bewegungen, Nachbarschaftsvereine, mit Abstrichen auch Gewerkschaften und Sozialverbände. Diese Organisationen leisten einen wichtigen Beitrag zur Wahrung der Interessen der Bürger und können ein Gegengewicht zum Markt und zum Staat bilden.
Wir begrüßen, unterstützen und regen es an, dass Menschen sich für Ihre Interessen einbringen. Viele unserer Mitglieder arbeiten in Organisationen der Zivilgesellschaft mit. Wir arbeiten als Partei eng mit Verbänden der Zivilgesellschaft zusammen und betrachten sie als unverzichtbare Partner, um ein Gegengewicht zur herrschenden neoliberalen Politik zu bilden. Zur Unterstützung ihrer Tätigkeit setzen wir uns u. a. dafür ein, dass die öffentliche Verwaltung über Anlaufstellen für Bürger und Organisationen der Zivilgesellschaft verbindlich und transparent mit den Bürgeranliegen umgeht.
Die „Bürger-“ oder „Zivilgesellschaft“ ist allerdings keine Allheillösung. Sie verweisen in Ihrem Vortrag „Zur Zukunft des Freiwilligen Engagements in der sozialen Arbeit“ zu Recht darauf, dass der Begriff der Bürgergesellschaft von der „Politik wohl auch gern im Kontext der Begrenzungen der staatlichen Aufgaben verwendet [wird], also etwa wenn davon die Rede ist, dass der Staat überfordert oder überlastet sei und als Sozialstaat nicht alles machen könne“. (S. 5) Gegen diesen Missbrauch der „Bürgergesellschaft“ durch die neoliberalen Parteien, die öffentliche Sozialausgaben kürzen wollen, wenden wir uns. Wir lehnen daher den Bundesfreiwilligendienst (BFD) ab, der dazu dient „Freiwillige“ als billige Arbeitskräfte im sozialen Bereich einzusetzen. Mit dem Einsatz der „Freiwilligen“ Bürger schafft er sich „die Notwendigkeit vom Hals, Soziale Arbeit der Ausbildung angemessen bezahlen zu müssen“. (Seithe 2012, S. 154).
Mit freundlichen Grüßen
Heidrun Dittrich
Literatur:
Mechthild Seithe (2012): Schwarzbuch Soziale Arbeit, VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
Michael Stricker (2006): Ehrenamt als soziales Kapital: Partizipation und Professionalität in der Bürgergesellschaft, http://duepublico.uni-duisburg-essen.de/servlets/DerivateServlet/Derivate-14894/Stricker_Diss.pdf,
http://www.die-linke-pankow.de/wahlen/pankow_2011/linkes_abc_fuer_pankow/zivilgesellschaft/
Dr. Nicole D. Schmidt (2011): Zur Zukunft des Freiwilligen Engagements in der sozialen Arbeit, http://neueschmiede.westfluegel.com/images/pdf/schmidtvortrag.pdf