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Heidrun Bluhm-Förster
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Frage von Hanni H. •

Frage an Heidrun Bluhm-Förster von Hanni H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Guten Tag Frau Bluhm,
ich bin 50, Nichtraucher und seit 21 Wirtin. In meiner Hafenkneipe "Zur Fähre", eine der ältesten (anno1332) ist es nicht möglich Raucher und Nichtraucher zu trennen. Sollten sie vor die Tür gehen, wie das in anderen Länder so üblich ist, sind sie gleich auf der Straße und belästigen meine Pensionsgäste, sowie die Anwohner, da ich nur nachts geöffnet habe. In dieser kleinen Kneipe, 62,53 m vom Hafen entfernt, kann schon seit hunderten von Jahren geraucht werden. Ich habe Angst um diese Traditionskneipe. Warum muß man die Nichtraucher schützen, meine Gäste kommen freiwillig in die Kneipe, die mein Eigentum ist? Die "Fähre" ist international sehr bekannt, wird über Stralsund berichtet, bin ich oft dabei. Es werden Lieder über mich geschrieben, Bilder von mir gemalt.... Die Kneipe ist eine "PP Kneipe" (von Penner bis Professor) und sehr beliebt. Nach Befragung meiner Gäste, der größte Teil ist Raucher,wäre es eine Katastrophe, wenn das Gesetz im kalten Januar in Kraft tritt.
Ich bitte Sie und Ihre Fraktion um Hilfe, meine Tradition zu erhalten.
Danke, Wirtin Hanni

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Antwort von
DIE LINKE

Herzlichen Dank für Ihre Frage zum Nichtraucherschutzgesetz und die Darstellung ihrer persönlichen Situation als Gaststättenbetreiberin.

Bei der über Jahre geführten hoch emotionalen Debatte um einen Nichtraucherschutz in Deutschland sollte nicht vergessen werden: Es geht um die Rechte der 73 Prozent der Bevölkerung, die Nichtraucherinnen bzw. Nichtraucher sind. Es geht vor allen Dingen um die Kinder und Jugendlichen. Es geht um die Vermeidung von Leid durch Tod und schwere Erkrankungen. Es geht um die Minderung der horrenden Kosten, die für das Gesundheitssystem entstehen, und um die Senkung anderer Folgekosten. Nicht zuletzt geht es um den Willen von 70 Prozent der Wählerinnen und Wähler, wie es Umfragen ergeben haben. Dabei ist klarzustellen: Der Schutz vor dem Schadstoff Tabak ist nicht identisch mit dem Verbot des Rauchens. Zu rauchen oder nicht zu rauchen, ist die Entscheidung eines jeden Einzelnen, den es auch in Zukunft zu respektieren gilt.

Mit dem Rauchverbot in öffentlichen Einrichtungen sollen Nichtraucher und Raucher davor geschützt werden, den mit dem Rauchen einhergehenden Belastungen nicht permanent und unausweichlich ungewollt ausgesetzt zu sein. Natürlich erschöpft sich der Gesundheitsschutz in Sachen Tabakrauch nicht im Rauchverbot für öffentliche Einrichtungen. Ich plädiere selbstverständlich für einen Dreiklang: erstens alles zu tun, um Kinder und Jugendliche von dem Einstieg abzuhalten, zweitens Nichtraucherinnen und Nichtraucher vor dem Tabakrauch zu schützen und drittens Raucherinnen und Raucher zu motivieren, auszusteigen und ihnen beim Entzug zu helfen.

Sicherlich treten in Einzelfällen, wie von Ihnen beschrieben, besondere Härten für die Gaststättenbetreiber auf. Auch ist es nur zu verständlich, dass durch die neue Gesetzgebung sich viele Menschen von einer liebgewordenen langjährigen Tradition verabschieden müssen. In vielen anderen europäischen Ländern mit einer großen Kneipen- und Rauchertradition, etwa in Irland und Großbritannien, haben sich die Menschen damit arrangiert, zum Rauchen vor die Tür unter freien Himmel zu gehen. Verbunden mit der Bitte, Anwohner nicht durch Lärm zu belästigen, sollte dies auch in Deutschland überall möglich sein. Hier in Einzelfällen auf Ausnahmen zu drängen, würde eine Umsetzung des Nichtraucherschutzes so sehr aufweichen, so dass dieser letztlich nicht mehr praktikabel wäre.

Im März 2005 vereinbarten das Bundesministerium für Gesundheit und der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA freiwillige Maßnahmen der deutschen Gastronomen, um gesetzliche Verbote zu vermeiden (Selbstverpflichtung). Diese Vereinbarungen zeigten jedoch fast gar keine Erfolge, so dass der Gesetzgeber aktiv werden musste.

Meine Fraktion DIE LINKE hätte sich gewünscht, dass es zu einer bundesweit einheitlichen Lösung beim Nichtraucherschutz kommt. Dazu wäre lediglich eine Änderung der Arbeitsstättenverordnung notwendig gewesen, die in der Kompetenz des Bundes liegt. Inzwischen sind es zu viele Länder, die Schlupflöcher schaffen, als dass man noch von einem wirksamen Schutz vor dem Tabakrauch sprechen könnte. Außer Acht gelassen wird beim so genannten Länderkompromiss der Schutz der Beschäftigten in der Gastronomie. Sie sollten wie alle anderen Angestellten das Recht auf einen rauchfreien Arbeitsplatz haben. In irischen Kneipen und Restaurants etwa hat sich die Zahl der Beschäftigten, die über morgendlichen Husten, gerötete Augen und Halsbeschwerden klagen, nach Einführung des Rauchverbots halbiert.

Im Zusammenhang mit dem Nichtraucherschutzgesetz am 11. Juli 2007 vom Landtag Mecklenburg Vorpommern beschlossenen Nichtraucherschutzgesetz hat das Land ein Programm aufgelegt, dass Gaststätten beim Umbau und der Einrichtung von separaten und extra ausgewiesenen Raucherbereichen unterstützt. Es wäre zu überlegen, welche baulichen Maßnahmen möglich wären, um Raucher und Nichtraucher zu trennen, bzw. es Rauchern zu erleichtern vor die Tür zu gehen, so dass sich zukünftig alle Menschen in ihrer Hafenkneipe „Zur Fähre“ wohlfühlen und auch wieder verstärkt Nichtraucher zu ihren Besuchern zählen, die dann hoffentlich friedlich vereint umso mehr ihrer großen Getränkeauswahl zusprechen werden.

http://www.sozial-mv.de/pages/Nichtraucherschutz-FAQ.htm :

„Gaststätten- und Kneipenbesitzer können ab sofort ein Darlehen in Höhe von maximal 15.000 Euro zur Umgestaltung und Modernisierung ihrer Einrichtungen beantragen. Das neue Programm des Wirtschaftsministeriums richtet sich an Gastronomiebetriebe mit bis zu zehn Mitarbeitern und einem Jahresumsatz bis zwei Millionen Euro. Die Umbaumaßnahmen werden mit maximal 80 Prozent der Investitionskosten unterstützt. Das Darlehensprogramm des Landes läuft bis Ende 2008. Auskünfte zu Einzelheiten des Programms sind erhältlich beim Landesförderinstitut Mecklenburg-Vorpommern unter Tel. 0385-63631282 oder auf der Internetseite www.lfi-mv.de.“

Im übrigen habe ich selbst nach meiner Zustimmung zum Nichtraucherschutzgesetz mit dem Rauchen aufgehört und halte das nun schon einige Wochen erfolgreich durch.

Mit freundlichen Grüßen

Heidrun Bluhm, MdB