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Frage von Axel C. •

Frage an Heidrun Bluhm-Förster von Axel C. bezüglich Jugend

Sehr geehrte Frau Bluhm

der Deutsche Bundestag hat im Juni 2011 beschlossen, dass mit dem Steuervereinfachungsgesetz ab 2012 Kindergeld für über 18jährige Kinder, die sich in Ausbildung befinden, unabhängig von der Einkommenshöhe gewährt wird. Bekommt das Kind selbst ein Kind, ändert sich diese Grundlage.

In dem Fall hat der Vater des Kindeskindes eine höherwertige Unterhaltspflicht gegenüber der Mutter des Kindes als der bisherige Kindergeldberechtigte gegenüber seinem Kind. In diesem Fall tritt wieder eine Einkommensberechnung in Kraft.
Wird hier festgestellt, dass das Einkommen des Kindes inklusive der Unterhaltszahlung des Vaters des Kindeskindes über dem Betrag von 8.004 Euro liegt, fällt der Anspruch auf Kindergeld weg. Das bedeutet beispielsweise, dass ein sich in Berufsausbildung befindliches Kind ohne eigenes Kind unbegrenzt über Einkommen verfügen kann, ohne dass der Kindergeldanspruch des Kindergeldberechtigten verfällt. Begründet wird das mit der Unterhaltspflicht.

Bekommt jedoch ein in Berufsausbildung stehendes Kind selber ein Kind, darf es nicht mehr über ein Einkommen verfügen, was über 8.004 Euro liegt.
Mag sein, dass diese Tatsache beim Abstimmungsverhalten im Bundestag keine Rolle spielte, eine größe Rolle spielt das aber für die Betroffenen, von logischen, nachvollziehbaren Schlüssen des gemeinen Wählervolkes ganz zu schweigen.
Ich bitte Sie mir mitzuteilen, ob Sie vorhaben, diese Problematik anzugehen oder ob Sie den von mir beschriebenen und nachweisbaren Vorgang als gegeben hinnehmen werden.

Mit freundlichen Grüßen
Axel Czinczoll

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DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Czinczoll,

es ist richtig, dass mit dem Steuervereinfachungsgesetz 2011 die Einkommensüberprüfung bei volljährigen Kindern unter 25 Jahren für die Kindergeldgewährung gestrichen wurde. Allerdings wurde diese Streichung durch restriktivere Vorgaben hinsichtlich des Ausbildungs- und Erwerbstätigkeitsstatus ergänzt.

Im Ergebnis wird bei der Kindergeldgewährung für volljährige Kinder nur noch sehr eingeschränkt auf die Unterhaltbedürftigkeit des Kindes abgestellt.

DIE LINKE hat diese Streichung durchaus kritisch gesehen, da die Neuregelung gegen das Gerechtigkeitsprinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit verstößt. Allerdings wurde unsere Kritik mit einem Gegenargument konfrontiert, welches nicht völlig von der Hand zu weisen ist. Demnach wurde unter der alten Regelung mit Einkommensüberprüfung nur ein sehr geringer Anteil von Anträgen wegen Überschreitens der Einkommensgrenze abgelehnt. Daher stand der Aufwand durch die Anspruchsüberprüfung in keinem Verhältnis zu deren Zweck. In diesem Sinne wurde die Maßnahme auch von sonst kritischen Sachverständigen als sinnvolle Steuervereinfachung bewertet.

Grundsätzlich gilt für jede Steuervereinfachung, dass eine solche zu Lasten der Einzelfallgerechtigkeit geht. Umgekehrt führt die Berücksichtigung jedes Einzelfalls zu einer Verkomplizierung des Steuerrechts, was letztendlich auch auf Kosten der Gerechtigkeit geht - eineN SteuerberaterIn kann sich nicht jedeR Steuerpflichtige leisten.

Der von Ihnen aufgegriffene Problematik - Kindergeldbezug, wenn das Kind selbst ein Kind bekommt - ist, nach gründlicher Prüfung des Sachverhaltes, meiner Meinung nach etwas zu pauschal dargestellt.

Grundsätzlich bedeutet eine Elternschaft des Kindes nicht automatisch einen Ausschluss vom Kindergeldbezug für die Eltern des Kindes. Wird die Ausbildung wegen Mutter- oder Vaterschaft nur vorübergehend unterbrochen, wird das Kindergeld grundsätzlich weitergezahlt. Dies gilt jedoch nicht für Unterbrechungszeiten wegen Kindesbetreuung nach Ablauf der Mutterschutzfristen (z.B. Elternzeit). Auch kann ein verheiratetes volljähriges Kind grundsätzlich nicht mehr berücksichtigt werden, weil mit der Heirat nicht mehr die Eltern zum Unterhalt des Kindes verpflichtet sind, sondern der Ehegatte oder die Ehegattin. Dies gilt auch für Fälle, in denen die Unterhaltspflicht eines Kindergeldberechtigten hinter der Unterhaltspflicht anderer Personen für das Kind zurücktritt, insbesondere auch bei nicht verheirateten Kindern, die einen Anspruch auf Unterhalt nach § 1615l BGB ("Unterhaltsanspruch von Mutter und Vater aus Anlass der Geburt") gegenüber dem Vater bzw. der Mutter ihres Kindes haben. Letzteres betrifft den von Ihnen aufgegriffenen Fall.

Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass ein Unterhaltsanspruch aus Anlass der Geburt gem. § 1615l BGB regelmäßig nur für einen begrenzten Zeitraum besteht (für die Mutter sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt). Ein über diesen Zeitraum hinausgehender Unterhaltsanspruch von Mutter oder Vater besteht nur in Ausnahmefällen. Insofern ist ein Kindergeldbezug für ein Kind, welches selber ein Kind hat, nicht dauerhaft ausgeschlossen - sofern das Kind die Vorgaben hinsichtlich des Ausbildungs- und Erwerbstätigkeitsstatus erfüllt.

Abschließend sei darauf hingewiesen, dass eine pauschale Gewährung von Kindergeld für volljährige Kinder bei vorhandener Unterhaltspflicht anderer Personen als den Eltern des Kindes zu einer doppelten steuerlichen Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen führen würde: Einmal bei den Eltern über das Kindergeld und zum anderen bei der anderen Person. Letztere kann nämlich ihre Unterhaltsleistungen steuerlich geltend machen. Insofern entstünde hier eine neue Steuerungerechtigkeit.

Sie sehen, dass der von Ihnen beschriebene Fall sehr komplex ist und eine einfache und kurze Antwort hier kaum möglich ist. Ich hoffe trotzdem, ihnen durch meine Antwort im Detail zu einer besseren Verständlichkeit beigetragen zu haben.

Mit freundlichen Grüßen

Heidrun Bluhm

Anhang
§ 1615l BGB Unterhaltsanspruch von Mutter und Vater aus Anlass der Geburt
(1) Der Vater hat der Mutter für die Dauer von sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt des Kindes Unterhalt zu gewähren. Dies gilt auch hinsichtlich der Kosten, die infolge der Schwangerschaft oder der Entbindung außerhalb dieses Zeitraums entstehen.
(2) Soweit die Mutter einer Erwerbstätigkeit nicht nachgeht, weil sie infolge der Schwangerschaft oder einer durch die Schwangerschaft oder die Entbindung verursachten Krankheit dazu außerstande ist, ist der Vater verpflichtet, ihr über die in Absatz 1 Satz 1 bezeichnete Zeit hinaus Unterhalt zu gewähren. Das Gleiche gilt, soweit von der Mutter wegen der Pflege oder Erziehung des Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Die Unterhaltspflicht beginnt frühestens vier Monate vor der Geburt und besteht für mindestens drei Jahre nach der Geburt. Sie verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind insbesondere die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen. (3) Die Vorschriften über die Unterhaltspflicht zwischen Verwandten sind entsprechend anzuwenden. Die Verpflichtung des Vaters geht der Verpflichtung der Verwandten der Mutter vor. § 1613 Abs. 2 gilt entsprechend. Der Anspruch erlischt nicht mit dem Tode des Vaters. (4) Wenn der Vater das Kind betreut, steht ihm der Anspruch nach Absatz 2 Satz 2 gegen die Mutter zu. In diesem Falle gilt Absatz 3 entsprechend.