Was spricht für Sie gegen das nordische Modell?
Ein Sexkaufverbot ist aus Sicht der Linken nicht der richtige Weg, um Zwangsprostitution und Menschenhandel zu verhindern. Vielmehr muss es darum gehen, Sexarbeitende vor Gewalt und Missbrauch zu schützen und ihnen einen gleichberechtigten Zugang zu einer guten Gesundheitsversorgung und anderen sozialen Rechten sicherzustellen. Auf keinen Fall darf die Lösung darin liegen, Sexarbeit mit Menschenhandel oder/und Gewalt gegen Frauen gleichzusetzen. Anstatt Sexarbeitende durch ein „Sexkaufverbot“ zu kriminalisieren, müssen wir die Existenzängste und die Lebenslagen der Betroffenen, die keine Alternative zur Prostitution haben, in den Mittelpunkt zu stellen.
Auch wenn "nur" der Sexkauf verboten würde, würde dies zu einer stärkeren Stigmatisierung der Arbeit von Sexarbeitenden führen, was wiederum in einem größeren Gewaltrisiko mündet. Sexarbeit generell mit Gewalt gegen Frauen gleichzusetzen, lässt außerdem außer Acht, dass geschlechtsspezifische Gewalt und Zwangsprostitution, Vergewaltigung, Zuhälterei bereits unter Strafe gestellt sind und die Bundesregierung dazu verpflichtet ist, diese Form der Gewalt zu verhindern und zu bekämpfen, unabhängig davon, ob die Opfer in der Sexarbeit tätig sind oder nicht. Auch GREVIO, der Expertinnenausschuss, der die Umsetzung der Istanbul-Konvention überwacht, hat nicht empfohlen, den Kauf von Sex generell unter Strafe zu stellen, sondern die Staaten dazu aufgefordert, das besondere Risiko der Mehrfachdiskriminierung der Sexarbeitende ausgesetzt sind und ihre Schwierigkeiten beim Zugang zu allgemeinen und speziellen Unterstützungsleistungen in den Mittelpunkt zu stellen.