Frage an Hasso Kraus von Paul R. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Kraus,
warum ist das Thema "Lärmbelästigung durch Straßenverkehr" kein Thema für den Wahlkampf? Wissen Sie welcher % Anteil an Menschen in Ihrem Walhkreis unter Straßenverkehrslärm leidet?
Warum wird den Kommunen bei der Erstellung und Umsetzung von Lärmaktionsplänen noch immer so viel Spielraum bei der Festlegung von Lärmgrenzwerten gegeben ? Aktuelles Beispiel: Leonberg hält beim Lärmaktionsplan bisher an Lärmgrenzwerten von >70db fest! Während bei der Erschließung von Neubaugebieten seit Jahren Lärmgrenzwerte von 45-55db eingehalten werden müssen, da alles darüber als wortgemäß "unzumutbar" gilt!
Mit freundlichen Grüßen
Rimpf
Sehr geehrter Herr Rimpf,
vielen Dank für Ihre Frage. Das Thema Lärm berührt hierzulande die allermeisten Menschen, weshalb es ein sehr wichtiges Thema ist. Der Umgang mit Lärm und Geruchsbelästigungen ist dabei eigentlich schon lange geregelt - so beispielsweise im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Trotzdem gibt es kommunal immer wieder Streit zu diesem Thema.
Das Problem liegt in den unterschiedlichen Interessen, die es zu diesem Thema gibt. Eine Gemeinde hat zum Beispiel auch allgemein wirtschaftliche Interessen oder Verkehrsinteressen zu berücksichtigen, die auch mal konträr zum Thema akzeptabler Lärmschutz stehen können. Daraus resultiert zuerst die Frage: was ist akzeptabel? Das wird ein Schwerhöriger anders beurteilen als ein Lärmempfindlicher - doch wo ist das vertretbare Mittelmaß?
Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass der Mensch im Mittelpunkt jeder Entscheidung stehen muss. Aber ist es auch richtig, dass diese anerkannte Lärmgrenze unter Umständen in reinen Wohngebieten niedriger angesetzt wird als in Misch- und Gewerbegebieten. Ich meine, das ist grundsätzlich gut so - aber in einem vernünftigen Rahmen. Denn: Wer bewusst in die Nachbarschaft eines Produktionsbetriebes oder an eine stark befahrene Straße zieht, hat kein Recht, den Verkehr "auszutreiben" oder den Produktionsbetrieb stilllegen zu lassen. Andererseits sollten die Bürger deutliche Worte mitsprechen dürfen, wenn sich eine zuvor ruhige Straße zunehmend in einen Ausweich-/Schleichweg verwandelt, was mit mehr Abgasen und mehr Lärm verbunden ist. Hier gilt: nein, so war das nicht "abgemacht"!
Insgesamt kann diese Frage also nicht pauschal beantwortet werden, sondern immer nur am Einzelfall orientiert. Sehr, sehr gerne möchte ich mich daher mit mit den Beteiligten in Leonberg, aber auch mit meinen Kolleginnen und Kollegen bei den Freien Wählern, dieses Themas annehmen. Ich habe es mir darum vorgemerkt für meinen nächsten Besuch in Leonberg und erst recht für meine künftige politische Arbeit.
Wenn Sie aber direkt aktiv werden möchten, so besteht trotzdem die Möglichkeit, ein Bürgerbegehren bzw. einen Bürgerentscheid auf Grundlage des § 21 der Gemeindeordnung unseres Landes Baden-Württemberg zu initiieren. Und das ist gar nicht so schwer, wie manche vielleicht glauben...
Am Schluss: Warum es kein echtes "Wahlkampfthema" ist, liegt möglicherweise daran, dass es als zunächst "kommunales" Thema und daher nicht zuerst mit einer Bundestagswahl in Verbindung gebracht wird. Trotzdem ist es ein wichtiges Thema!
Mit freundlichen Grüßen
Hasso Kraus