Portrait von Hartmut Ebbing
Hartmut Ebbing
FDP
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Hartmut Ebbing zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Irene L. •

Frage an Hartmut Ebbing von Irene L. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Ebbing,
bekommen wir eine Normenkontrollklage, falls wirklich - und danach sieht es ja nun leider aus - Staatstrojaner für den Inlandsgeheimdienst erlaubt werden?
---
Für eine Normenkontrollklage brauchen wir 25%, auf Konstantin von Notz und Martina Renner setze ich, bei der FDP zweifele ich.
Aber Staatstrojaner im Geheimen ist so ungeheuerlich im Land der Stasi-Unterlagenbehörde, in dem es keine Archivpflicht für Geheimdienste mehr gibt!, keinen Whistleblowerschutz (Edward Snowden: in Moskau!), kein Klagerecht für die G10-Kommission!, keine Stoprechte für die Datenschutz-Beauftragten! => die Kontrolle gar nicht funktioniert: entgegen des Trennungsgebots ( Geheimdienste: read-only! Staatstrojaner = Eingriffswerkzeug !) und entgegen all unseren Erfahrungen mit diesem Zitronenfalter-"Verfassungsschutz" ( dieser gruselige Inlandsgeheimdienst, der die humanistische Union überwacht, aber den NSU morden lässt, und anschließend die Beweise schreddert)
- es könnte doch also mit der FDP dieses Mal funktionieren, unsere Verfassung, unseren Rechtsstaat, unsere Freiheit zu verteidigen, und aus unserer speziellen Geschichte wirklich zu lernen?

Portrait von Hartmut Ebbing
Antwort von
FDP

Sehr geehrte Frau Latz,

haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht, die ich gerne beantworte. Die Reform des Verfassungsschutzrechts wirft bereits seit längerem ihren Schatten voraus. Im aktuellen Entwurf - der allerdings dem Deutschen Bundestag noch nicht offiziell vorliegt - ist eine Änderung des sogenannten Artikel-10-Gesetzes vorgesehen, die es den Verfassungsschutzbehörden erlauben soll, auch mittels des sogenannten Staatstrojaners Telekommunikation direkt auf dem Endgerät des Nutzers abzuhören - ein Verfahren das gemeinhin Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) genannt wird.

Uns ist bewusst, dass Sicherheitsbehörden in der digitalen Welt über vergleichbare Instrumente verfügen müssen, wie in der analogen. Die zunehmende Nutzung des Internets im Privaten setzt den Bürger bei staatlichen Überwachungsmaßnahmen jedoch einer höheren Gefährdung seiner Privat- und Intimsphäre aus als im analogen Bereich. Insbesondere der Zugriff auf Endgeräte würde es den Verfassungsschutzbehörden erlauben, sensible Daten der Besitzer wie Fotos, Nachrichten, Gesundheits- oder Bankdaten einzusehen und abzurufen.

Das Bundeskriminalamt verfügt derzeit bereits über die Möglichkeit zur Quellen-TKÜ und zur Online-Durchsuchung. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist ein derartiger Grundrechtseingriff im Bereich der Prävention nur dann angemessen, wenn bestimmte Tatsachen auf eine im Einzelfall drohende Gefahr für ein überragend wichtiges Rechtsgut hinweisen. Da jedoch die tatsächliche Arbeit der Verfassungsschutzbehörden im Vorfeld einer Gefahr liegt, kann der Nachrichtendienst diese Anforderung kaum je erfüllen.

Wir sind deshalb der Ansicht, dass die Erweiterung der Kompetenzen des Verfassungsschutzes um die Quellen-TKÜ eine unzulässige Vermischung der Arbeit von Nachrichtendiensten und Polizeibehörden darstellt. Ob sich die Fraktion der Freien Demokraten einer Klage gegen eine entsprechende Regelung anschließen wird, kann derzeit noch nicht abgesehen werden. Dem Deutschen Bundestag liegt noch nicht einmal ein Gesetzentwurf vor. Wir werden einen solchen aber zu gegebener Zeit sehr kritisch prüfen.

Ich hoffe, ich konnte Ihre Frage beantworten.

Mit besten Grüßen

Hartmut Ebbing