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Hartmut Ebbing
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Frage von Calvin P. •

Frage an Hartmut Ebbing von Calvin P. bezüglich Umwelt

Sehr geehrter Herr Ebbing,

mit großer Sorge beobachte ich zur Zeit die Geschehnisse im Hambacher Wald. Es ist untragbar, dass die Interessen eines Großkonzerns dermaßen über diese des Bürgers und der Umwelt gestellt werden. Die Polizei verhält sich vor Ort im Hambacher Forst gewaltbereit und verfassungswidrig, ohne dafür belangt zu werden. Das zeigt eine ganze Fülle von Videos der Aktivisten im Wald. Mit erhobenen Händen und ohne Androhung von Gewalt von der Polizei mit Pfefferspray besprüht zu werden, steigert nicht gerade das Vertrauen in die Polizei - unseren "Freund und Helfer", die just in diesem Moment weiterhin so kaltblütig und gnadenlos vorgeht. Der Sinn einer Gewaltenteilung ist, dass die verschiedenen Organe sich gegenseitig kontrollieren. Wie ist es möglich, dass ein solches Verhalten der Polizei toleriert wird und dass von den großen Medienverbänden (ARD, ZDF, etc.) nicht mal darüber berichtet wird, weil es offiziell verboten ist, den Wald zu betreten. In meiner Auffassung (und in derer vieler anderer Bundesbürger/-innen) kommt das in diesem Kontext einer Nachrichtensperre gleich.
Außerdem finde ich es höchst bedenklich, dass RWE parallel zu den Verhandlungen zum Kohleausstieg noch "schnell-schnell" den restlichen Wald abrodet und dafür von der Polizei noch Unterstützung erhält? Dies entzieht sich gänzlich meinem Verständnis. Ganz zu schweigen davon ist Braunkohle erwiesenermaßen der dreckigste Energieträger dieses Planeten, es geht einzig um den Profit und das macht mich nachdenklich und sehr traurig.

Daher meine Frage:
Wie stehen Sie zum Sachverhalt und welche Schritte werden Ihre nächsten sein? Wie kann man Sie unterstützen?

Ich hoffe, Sie können mir, den Menschen und unserem Planeten helfen, so schön zu bleiben, damit junge Menschen wie ich, meine kleine Schwester und selbst Ihre Kinder weiterhin auf dieser Welt leben können. Machen Sie die Welt zu einem besseren Ort. Danke.

Mit hoffnungsvollen Grüßen,

Calvin Paulus

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Paulus,

ich danke Ihnen vielmals für Ihre Anfrage und möchte gerne im Folgenden auf die von Ihnen angesprochenen Fragen eingehen.

Zuallererst halte ich die anhaltende Debatte um den Erhalt des Hambacher Forstes für stark emotional aufgeladen und nicht mehr sachlich geführt. Der Hambacher Forst ist zum Sinnbild für den Kohleausstieg und Klimaschutz geworden.
Wir müssen festhalten, dass sich der Forst seit den 70er Jahren im Besitz der RWE AG befindet. Seitdem wurden weite Teile gerodet, um den Tagebau Hambach weiter auszubauen.

Seit sechs Jahren kommt es nun schon immer wieder zu Protesten von Kohlekraftgegnern, welche Teile des Waldes besetzten halten, um so die Abholzung zu verhindern und für den Kohleausstieg zu protestieren. Dabei wurden nicht nur illegal über 60 Baumhäuser durch die Aktivisten errichtet, sondern auch immer wieder Mitarbeiter des RWE-Werkschutzes und Polizeibeamte angegriffen.

Mitte September begann die Polizei auf Bitten der Kommunen mit der "Vollzugshilfe" und so mit der Räumung des Waldes. Dabei kam es von Seiten der Demonstranten zu erheblichem Widerstand. Die Polizei musste dabei mit schweren Gerätschaften vorgehen, um die zum Teil in mehr als 20 Meter Höhe liegenden Baumhäuser zu erreichen.
Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich die Polizei des Landes NRW in Schutz nehmen, die bei diesem außergewöhnlichen Einsatz die Kontrolle behielt. Auch einzelne Videos sollten dabei nicht überbewertet werden, da sie nur Momente einfangen und Situationen nicht allumfassend widerspiegeln.

Viele der Besetzer widersetzten sich den Anordnungen der Polizei und zeigten militantes Verhalten, weswegen die Polizei im Rahmen ihrer Befugnisse legitime Mittel einsetzen durften, um den Hambacher Forst zu räumen.
Die Unterstellung, dass die Polizei den RWE-Konzern dabei unterstützen würde, den Hambacher Forst zu roden und mutwillig gegen Bürger agieren würde, teile ich so nicht. Unter höchsten Anstrengungen und unter Gefahr für Leib und Leben holten die Polizisten die Demonstranten aus ihren selbstgebauten, nicht sicheren Baumhäusern.

Auch möchte ich betonen, dass bis zum Erlass des vorläufigen Rodungsstopps durch das Oberverwaltungsgericht des Landes NRW RWE das Recht auf seiner Seite hatte. Etliche Klagen des Bundes für Umwelt- und Naturschutz wurden von Gerichten abgewiesen und die Leitentscheidung über den Hambacher Tagebau wurde erst 2016 von der rot-grünen Landesregierung bestätigt.

Bis zur endgültigen Entscheidung über die Klage des BUND darf nun der Wald nicht gerodet werden. Das Gericht in Münster wird sich bis dahin intensiv mit der Frage der Rodung beschäftigen und dann über die Klage entscheiden.

Unabhängig von der Frage des Hambacher Forstes müssen wir natürlich die Energiewende weiter forcieren. Der vor wenigen Tagen veröffentlichte Bericht des Weltklimarates ist alarmierend und sollte endlich dazu führen, dass wir eine weniger ideologisch geprägte Debatte führen und wieder mehr gesicherte Fakten und Fachleute in die politische Diskussion miteinbeziehen. Eine sinnvolle Maßnahme war daher das Einsetzen der sogenannten Kohlekommission, die sich aus Politikern, Vertretern von Verbänden und Wissenschaftlern zusammensetzt. Sie soll bis zum Jahresende ein Konzept zum Kohleausstieg erarbeiten und dabei nicht nur Faktoren des Klimaschutzes, sondern ebenso ökonomische und soziale Einflussfaktoren berücksichtigen.

Dass der Kohleausstieg nicht abrupt erfolgen kann, ist angesichts des parallel laufenden Atomausstiegs klar. Entscheidend wird sein, ob es uns gelingen wird, den Netzausbau und die Speicherung von erneuerbaren Energien weiter voranzutreiben. Dabei kann es nur gesamteuropäische Lösungen geben, um die Ziele der Wirtschaftlichkeit, der Versorgungssicherheit und des Umweltschutzes zu erreichen. Alleingänge Deutschlands wie den Klimaschutzplan 2050 werden keine Einfluss auf das Weltklimahaben, da aufgrund der gemeinsamen europäischen Klimaziele jede Tonne in Deutschland zusätzlich gespartes CO2 in anderen Ländern zusätzlich ausgestoßen wird. Wir benötigen ökologische und ökonomische Lösungen, um dauerhaft gegen den Klimawandel vorgehen zu können. Daher werden wir uns für eine Klimapolitik einsetzen, die ohne unnötige Markteingriffe auskommt und technologieoffen den Klimaschutz fördert.

Ich danke Ihnen für Ihre Anfrage.

Mit freundlichen Grüßen

Hartmut Ebbing, MdB