Frage an Hartfrid Wolff von Tim M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Wolff,
ich habe eine grundsätzliche Frage zur Umsetzungspflicht von EU-Richtlinien. Besteht diese Pflicht weiterhin, auch wenn das Bundesverfassungsgericht das Gesetz kassiert? Wird so praktisch von der EU vorgeschrieben, das Grundgesetz zu ändern?
Wie hoch schätzen Sie die Wahrscheinlichkeit ein, dass die Vorratsdatenspeicherung vom VerfG als verfassungswidrig eingestuft wird?
Mit freundlichen Grüßen
Tim Mutscher
Sehr geehrter Herr Mutscher,
vielen Dank für Ihre sehr spannende Frage.
Das Bundesverfassungsgericht hat sich letztlich die Entscheidung darüber vorbehalten, welche Regelung der EU verfassungsgemäß ist und welche nicht. Es erkennt aber grundsätzlich den Vorrang des EU-Rechts vor dem nationalen Recht an. Durch eine einfache EU-Richtlinie ist also keine schleichende Grundgesetzänderung möglich. Das Grundgesetz ermöglicht aber durch die dort vorgesehene Einordnung Deutschlands in EU und kollektive Sicherheitssysteme die Integration dort geschaffenen Rechts in die deutsche Rechtsordnung. Da die Bundesrepublik Deutschland die EU-Verträge ratifiziert und damit zu nationalem Recht gemacht hat, muß sie gemäß den dortigen Bestimmungen auch EU-Richtlinien umsetzen.
Die Vorratsdatenspeicherung halte ich in ihrem Ausmaß für verfassungswidrig. Ich halte es für gut möglich, daß das Bundesverfassungsgericht dagegen Einwände erheben wird.
Ich hoffe Ihnen mit dieser Auskunft gedient zu haben und verbleibe
Mit freundlichen Grüßen
Hartfrid Wolff MdB