Frage an Hartfrid Wolff von Joachim H. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Bundestagsabgeordneter Wolff,
können Sie mir die unklare Haltung der FDP zum ESM erklären? Ihr Parteivorsitzender Rösler erklärte, daß es mit den Liberalen keine Aufstockung des ESM mehr gibt.
http://www.liberale.de/wcsite.php?wc_c=9897
Bereits einen Tag später, nach dieser Pressemitteilung, entschieden die Finanzminister der EU den ESM auf 800 Milliarden Euro aufzustocken.
http://derstandard.at/1332324199590/Eklat-in-Kopenhagen-Maria-Fekter-plaudert-Gipfelergebnis-aus
Ist das nun Wortbruch? Müßte nicht jetzt die FDP die Koalition kündigen oder zumindest Rösler zurücktreten?
Jetzt wird in allen Gazetten diese Aufstockung als Brandmauer oder gar als "Atombombe" verkauft. Können Sie mir das mal erklären, wenn die FDP behauptet je niedriger der ESM angesetzt ist, je geringer sind die Gefahren für den deutschen Steuerzahler, wenn andererseits alle Welt bereits nach Billionen schreit, weil das sicherer sei (auch für den deutschen Steuerzahler)?
Wie oft wurde der Rettungsschirm EFSF bereits das "aller allerletzte" Mal erhöht?
Kürzlich lese ich, daß Schäuble mal so locker weitere 40 Milliarden Euro in den IWF rüberschiebt. Hat über diese riesige Summe auch der Bundestag ein Mitspracherecht?
http://www.deutsche-mittelstands-nachrichten.de/2012/03/41070/
Was will man damit erreichen, wenn der EFSF parallel zum ESM weiterläuft? Geplant war doch eine Ablösung? Blicken unsere Bundestagsabgeordneten überhaupt noch durch oder müssen sie wieder erklären, ich stimme für den ESM, ohne mich auszukennen?
Wieso haben Abweichler zu diesem Thema in Ihrer Faktion (und auch bei den anderen) kein Rederecht im Bundestag?
http://www.facebook.com/frank.schaeffler/posts/349448758425235 (Ihr Parteifreund Schäffler deutet an, daß dieses Redeverbot von der Fraktionsspitze verfügt wurde).
Mit freundlichen Grüßen
Joachim Hahn
Sehr geehrter Herr Hahn,
haben Sie vielen Dank für Ihr Schreiben vom 04. April 2012 auf das ich gerne eingehen möchte.
Bei der sogenannten Aufstockung der Brandmauer auf 800 Mrd. Euro handelt es sich nicht um eine Erhöhung des Ausleihvolumens des ESM. Dieses beträgt nach wie vor 500 Mrd. Euro. Im Wesentlichen geht es bei der Berechnung der Gesamtsumme von 800 Mrd. Euro vielmehr um einen temporären Parallellauf bereits beschlossener Programme. Die über die 500 Mrd. des ESM hinausgehenden 300 Mrd. Euro setzen sich aus rd. 200 Mrd. Euro bereits von der EFSF zugesagter Mittel, rd. 50 Mrd. Euro bereits im ersten Programm für Griechenland ausgekehrter Mittel sowie ebenfalls rd. 50 Mrd. Euro der EU-Kommission, die über den EFSM zugesagt worden sind, zusammen. An dem Ausgabevolumen des ESM hat sich folglich nichts geändert. Die über die EFSF vereinbarten Stabilisierungsmaßnahmen für Irland, Portugal und Griechenland sollen dementsprechend regulär auslaufen, wodurch sich die Gesamtsumme der Brandmauer von 800 Mrd. Euro dann wieder reduzieren und letztlich die EFSF von dem ESM abgelöst werden wird.
Die Erhöhung der Mittel, die dem IWF zur Verfügung stehen, ist von den nationalen Notenbanken vorgenommen worden. Die Notenbanken sind ihrerseits unabhängig, so dass das verstärkte Engagement der Deutschen Bundesbank keinem Parlamentsvorbehalt unterlag.
Zu dem von Ihnen angesprochenen Thema Rederecht der Abgeordneten im Deutschen Bundestag wird es in dieser Legislaturperiode keine Änderung der Geschäftsordnung geben.
Mit freundlichen Grüßen
Hartfrid Wolff