Frage an Harald Stemmler von Stefan G. bezüglich Staat und Verwaltung
Guten Tag,
für die anstehende Landtagswahl möchte ich herausfinden, ob meine Stimme bei Ihnen richtig aufgehoben ist. Hier meine persönlichen Wahlprüfsteine (leider gibt es dafür keine wirklich passende Kategorie):
Nichtrauchergesetz:
Finden Sie es richtig, dass in private Räume wie Kneipen hineinreguliert wird? Dass dem Kneipenwirt vorgeschrieben wird, welche Gäste, rauchende oder nicht rauchende, er empfangen darf?
staatliche Beteiligungen an Unternehmen:
Befürworten Sie, dass Niedersachsen mit den u.a. von mir gezahlten Steuern Unternehmensbeteiligungen hält bzw. erwirbt?
Landwirtschaft:
Wie ist Ihre Haltung zur durch die Landwirtschaft verursachte Umweltverschmutzung? Warum muss ich Tausende Euro für eine Kläranlage ausgeben, während der Bauer direkt nebenan tonnenweise Gülle auskippt? Sind Sie der Ansicht, dass dadurch verursachte Geruchsbelästigung als Umweltverschmutzung zu behandeln ist?
Mindest-/Höchstlöhne:
Sind Sie der Ansicht, dass der Staat in die Tariffreiheit eingreifen sollte?
Welche Begründung gibt es Ihrer Ansicht nach, in zwischen Bürgern freiwillig geschlossene Verträge auf diese Weise einzugreifen?
Bildung:
Wie stehen Sie dem Modell der Bildungsgutscheine (siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Bildungsgutschein ) gegenüber? Halten Sie das für ein denkbares Modell, die Wahlfreiheit in Sachen Schulbildung zu erhöhen?
Falls nein: Welche Möglichkeiten sehen Sie, das Angebot schulischer Bildung auch aus privater Initiative zu fördern?
Welche Möglichkeiten sehen Sie, das Angebot an Kinderbetreuung im Kinderkrippen- und Kindergartenalter zu verbessern?
Föderalismus:
Sind Sie der Ansicht, dass die Subsidiarität ein wichtiges Prinzip unserer föderalen Ordnung ist (und auch gegenüber Europa verteidigt werden muss)?
Welche Kompetenzen des Bundes sehen Sie besser beim Land aufgehoben? Welche Kompetenzen des Landes sollte besser die Kommune erhalten?
Über Ihre Stellungnahme zu diesen Punkten würde ich mich sehr freuen!
Gruß,
Stefan Gemeinhardt
Sehr geehrter Herr Gemeinhardt,
zu Ihrer Frage des Nichtraucherschutzes:
Überall wo Nichtraucher und Raucher zusammentreffen, macht ein Rauchverbot Sinn. Der Schutz der Gesundheit des Nichtrauchers ist höher zu bewerten als die Genussfreiheit des Rauchers. Die gesetzliche Regelung darf aber nicht zur Existenzgefährdung kleinerer Kneipen und Gaststätten führen, die nicht in der Lage sind, Nebenräume für Raucher einzurichten. Die FREIEN WÄHLER setzen sich hier für eine Ausnahmeregelung ein, die es den Gastronomen erlaubt, ihren Betrieb als Nichtraucher- oder Raucher-Kneipe zu kennzeichnen.
Zur Frage der staatlichen Beteiligungen an Unternehmen:
Unternehmensbeteiligungen des Staates könnten durchaus positiv sein, wenn sie dem Allgemeinwohl der Bürger dienen und die Kontrolle der Wirtschaft sicherstellen würden. In der Praxis haben diese Beteiligungen allerdings häufig zum Gegenteil geführt. Die unseligen Verflechtungen von Politik und Großunternehmen haben eine Dimension angenommen, dass jetzt bereits schwerste Schäden an den Staatsfinanzen sowie eine Aushöhlung des Rechtsstaates und der sozialen Markwirtschaft als Folge festzustellen sind. Beispielhaft sei hier nur auf die VW-Skandale und die Verwicklung der jetzigen und früheren niedersächsischen Regierungen verwiesen.
Zur Frage der Gülleausbringung durch die Landwirtschaft:
Die gesetzlich geforderte Nachrüstung der Kleinkläranlagen hat mit Sicherheit zu einer besseren Umweltbilanz häuslicher Abwässer geführt. Paradox ist allerdings, dass der Gesetzgeber es bisher unterlassen hat, der Landwirtschaft vergleichbare Auflagen für die Ausbringung der Gülle zu machen. Hier besteht erheblicher Nachholbedarf.
Zur Frage der Mindestlöhne:
Der Staat sollte eigentlich nicht in die Tarifautonomie eingreifen. Dennoch ist die gesetzliche Festlegung von Mindestlöhnen notwendig, wenn die Grundlagen der sozialen Marktwirtschaft gefährdet sind. Es kann nicht angehen, dass der Staat die Wirtschaft bei Abschluss von Billiglöhnen über die Arbeitsämter mit Unsummen aus Steuergeldern subventioniert.
Zur Frage der Bildungspolitik:
Die Sicherung des Grundrechts auf Bildung und die Herstellung der Chancengleichheit sind die zentralen Punkte im Programm der FREIEN WÄHLER. Wir fordern deshalb einen kostenfreien Bildungszugang von der Krippe bis zum Beruf. Um die sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Probleme der Gegenwart und der Zukunft zu bewältigen, müssen Bildung und Ausbildung oberste Priorität in unserer Gesellschaft genießen. Der Staat darf das Grundrecht auf Bildung nicht durch Kosten einschränken.
Zu Ihren Fragen zum Föderalismus:
Eine Beantwortung von Fragen im zentralen Bereich unserer Verfassung würde den Rahmen dieser Kandidatenbefragung sprengen. Zu einem persönlichen Gespräch bin ich aber gern bereit.
Mit freundlichen Grüßen
Harald Stemmler