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Harald Petzold
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Frage von Bernd K. •

Frage an Harald Petzold von Bernd K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Petzold,

wie zu erfahren war, soll in aller Eile die gesetzliche Grundlage zu Privatisierungsmöglichkeiten von Autobahnen und Schulen geschaffen werden und
dazu auch das Grundgesetz massiv verändert werden.
Ich halte jegliche Privatierung für falsch, weil der Staat hier seine Verpflichtungen ohne Not zu Nutzen privater Kapitalgeber aufgibt. Diese Politik des Neoliberalismus hat sich in jeder Weise als nachteilig für die Gesamtheit unserer Bürger herausgestellt.
Ich bitte Sie daher, diesen Veränderungen solange nicht zuzustimmen, bis Privatisierungen hier eindeutig ausgeschlossen sind.
Ich erkläre, daß ich keinen Bundestagskandidaten unterstützen werde, der
hier in aller Eile das Grundgesetz zugunsten von Kapitalinteressen verändern will.
Ich bitte Sie daher um Auskunft, ob Sie diesem Verfahren zustimmen oder nicht.

Mit freundlichem Gruß

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Keichel-Enders,

Meine Fraktion lehnte und lehnt die Errichtung der Infrastrukturgesellschaft Verkehr in Verantwortung des Bundes ab und fordert stattdessen eine Ertüchtigung der Auftragsverwaltung der Länder im bestehenden System unter Einbeziehung der Schnittstellen zur Bundesverwaltung im Sinne der Vorschläge der Bodewig-II-Kommission. Wir haben dazu den Antrag „Autobahnprivatisierungen im Grundgesetz ausschließen“ (Drs. 18/11165 vom 14.2.2017 http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/111/1811165.pdf ) in den Bundestag eingebracht und uns schon frühzeitig gegen diese Zentralisierung mit einem Antrag vom November 2015 gewehrt („Planungen für die Gründung einer Bundesfernstraßengesellschaft sofort einstellen“ Drs. 18/6547 v. 3.11.2015). Der aktuelle Antrag nennt insbesondere ÖPPs und Teilnetz-ÖPPs als Grund dafür, die geplante Gesellschaft abzulehnen. Sie wiesen berechtigterweise darauf hin, dass sich die jetzigen ÖPP-Staffeln bereits zu Teilnetz-ÖPPs entwickeln.

Ich halte Privatisierungen durch die Hintertür, wie sie mit den Gesetzentwürfen zu den Grundgesetz-Änderungen, angestrebt werden, für schädlich. Straßen als öffentliche Daseinsvorsorge dürfen nicht per ÖPP oder gar Teilnetz-ÖPP den Investoren überlassen werden, weil sie damit für die Steuerzahlerin und den Steuerzahler teurer sowie der demokratischen Kontrolle entzogen werden. Darüber hinaus werden ÖPPs dazu führen, dass nur noch die großen Player in der Bauindustrie zum Zuge kommen werden und mittelständische Unternehmen das Nachsehen haben, weil sie keine Chancen bei aufwändigen Ausschreibungen haben.
Meine Fraktion hat sich in der Abstimmung am 1. Juni geschlossen gegen die Grundgesetzänderung des Art. 90 gewandt und auch das Gesetzespaket insgesamt geschlossen abgelehnt, weil mit den Regelungen zum Bund-Länder-Finanzausgleich die Länder erpresst wurden, der Autobahn-Gesellschaft zuzustimmen. Fraktionsvorsitzende Sahra Wagenknechts Rede zum Thema finden sie hier: http://www.sahra-wagenknecht.de/de/article/2565.sie-machen-die-autobahn-zur-melk-kuh-für-private-profite.html

Meine zweite große Hauptsorge bei diesem Vorhaben der großen Koalition galt und gilt den Beschäftigten in den Straßenbauverwaltungen der Länder. Ich sehe die Gefährdung der Arbeitsplätze und habe die große Verunsicherung in zahlreichen Gesprächen mit Beschäftigten erfahren. Die völlig unzureichenden Regelungen in den Gesetzentwürfen zu Fragen des Status, des Arbeitsortes und der Entlohnung kritisieren wir zu jeder Gelegenheit und verlangen Änderungen, falls es zu dieser Bundesgesellschaft kommt. Es gilt die Arbeitsplätze zu sichern, Tarifrechte einzuhalten sowie die Mitbestimmung vollumfänglich zu gewährleisten.

Noch ein Wort zu der im Gesetzespaket enthaltene Öffnung des Einsatzes von Öffentlich-Privaten-Partnerschaften (ÖPPs) für die Sanierung und den Bau von Schulen. Dies hat meine Fraktion am 1. Juni in einem Änderungsantrag versucht auszuschließen. Dies wurde von der Großen Koalition leider auch abgelehnt.

Soweit erst einmal. Meine Fraktion hat von Anbeginn dieser Diskussion versucht, die zentrale Infrastrukturgesellschaft und Privatisierungs-Möglichkeiten zu verhindern. Das erste Ziel wurde nicht erreicht und beim zweiten muss der Kampf um die öffentliche Daseinsvorsorge Bundesfernstraßen weitergehen. Meine Fraktion wird sich auch in der nächsten Legislaturperiode dafür einsetzen.

Mit freundlichen Grüßen
Harald Petzold, MdB