Frage an Harald Lundt von Hans-Peter F. bezüglich Umwelt
Berlin verkommt immer mehr zur Werbefläche und der öffentliche Raum zur Kulisse für großformatigen Werbekitsch (Riesen-Poster, "Walk of Ideas", Buddy-Bären, etc.). Die Werbebotschaften sind bestenfalls dümmlich, schlimmstenfalls widerlich-provozierend. Für die nächtliche Beleuchtung der Objekte wird kostbare Energie verschwendet.
An der Julius-Leber-Brücke z. B. verstellen auf beiden Seiten riesige Werbetafeln den Blick auf die üppigen, im Frühjahr blühenden Sträucher neben den S-Bahn-Gleisen. Blickt man von der Brücke Richtung Norden, so sieht man das immer noch schweinchen-pink verhüllte Telecom-Praliné des einstigen Fernsehturms. Richtung Süden kann man sich bisher immerhin noch am Wahrzeichen dieses Kiezes, dem denkmalgeschützten Gasometer, erfreuen.
Der Berliner Zeitung vom 29.07.06 habe ich nun mit Entsetzen entnommen, daß dieser demnächst von einem "Mega-Poster" verhüllt werden soll. All diese Zerstörungen des Stadtbilds erfolgen offenbar mit Billigung der zuständigen Stellen in Politik und Verwaltung.
Meine Frage an Sie lautet: Was werden Sie im Falle Ihres Wahlsiegs konkret tun, um der zunehmenden Umweltverschmutzung durch Werbung und der kommerziellen Ausbeutung von Denkmälern und historischen Stadtansichten Einhalt zu gebieten?
Sehr geehrter Herr Fischer!
Ich verstehe ihren Groll über die Verschandelung des Stadtbildes. Die Zukleisterung öffentlicher Flächen mit Werbung ist ein Zeichen unserer Zeit, was hängt nicht alles daran, was wir nicht oberflächlich sehen? So setzen beispielsweise die Werber die Kosten für die Werbung steuermindernd ein, d.h. die Allgemeinheit finanziert indirekt mit. Ähnlich wie beim Privatfernsehen, das ist mitnichten gratis.
Die Stelle an der Julius-Leber-Brücke habe ich mir am 3.8. noch einmal angesehen: Den Gasometer verdecken, von dort betrachtet, derzeit zur Hälfte die Bäume. Blühende Sträucher an den Seiten habe ich nicht gesehen, zumindest nicht an der Südseite.
Denkmalgeschütze Bauwerke verlieren in der Regel ihre Förderung, wenn sie als Werbefläche genutzt werden. Der Gasometer gehört der GASAG, das Land Berlin ist keine Eigentümerin. Da GASAG und Bezirksamt bereits im Gespräch sind und wir 2002 schon einmal Gasometer-Verhüllung erlebten, spricht genehmigungsrechtlich wenig gegen eine Wiederholung.
Eine Beleuchtung mag einige Anwohner der Eber- und der Cheruskerstraße stören, das sollten sie ggf. beim Bezirksamt monieren.
Für den Fall, daß die Humanwirtschaftspartei in das Abgeordnetenhaus einzieht, setze ich mich dafür ein, großflächige Werbung in der Stadt ausschreibungspflichtig zu machen. Wir als Bürger hätten dann eine Möglichkeit, solch Vorhaben im Vorhinein zu beeinflussen. Bei Werbung müßten Frist und Verfahren zweckgemäß wesentlich kürzer sein als bei einem konventionellen Bauvorhaben.
Mit freundlichen Grüßen
Harald Lundt