Frage an Harald Ebner von thomas l. bezüglich Wirtschaft
Hallo Herr Ebner.
In meinem Bekanntenkreis gibt es keinen einzigen, der für den ESM ist. Der ESM hat meiner Meinung nach eine falsche Bezeichnung. Er müsste "Deutschland zahlt für Krisenländer und Krisenbanken" Mechanismus heissen. Sie sollten die Stimme des Volkes vertreten. Warum kommen Sie Ihrer Pflicht nicht nach und warum verstossen Sie gegen das Grundgesetz?
Die Krisenländer und die Finanzmärkte stossen momentan mit Sekt auf Deutschland an. Warum wohl? Die Schatzkiste mit dem Gold wurde aufgemacht und jeder darf sich bedienen...
Können Sie auch etwas zu den Themen Geldschöpfung und Zinseszins sagen?
Über eine baldige Antwort würden wir uns sehr freuen.
Thomas Löchner
Sehr geehrter Herr Löchner,
vielen Dank für Ihre Frage zur Abstimmung über den ESM, gerne möchte ich darauf reagieren.
Die Skepsis vieler Bürgerinnen und Bürger gegenüber dem Regelwerk und dem Umfang des ESM kann ich sehr gut nachvollziehen. Dass Deutschland mit gigantischen Summen die Haushalte anderer europäischer Länder stützt, ist für viele Menschen schwer verständlich. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass die Europäische Union, der Euro und der europäische Integrationsprozess insgesamt ein großes und langfristiges Projekt sind. Dies schließt letztes Endes auch die nationalstaatliche Abgabe von Souveränität an supranationale Institutionen ein. Wir Grüne haben diesen europäischen Integrationsprozess immer unterstützt, wenngleich wir nicht mit allen Ausführungen einverstanden waren und weiterführende Entwicklungen zum Beispiel zur Stärkung des Europäischen Parlaments für notwendig erachten. Es geht dabei auch, aber nicht nur, um europäische Integration und Solidarität. Vor allem Deutschland profitiert wirtschaftlich und politisch von der EU. Aufgrund dessen liegt es ganz wesentlich in unserem eigenen Interesse, dass die gesamtwirtschaftlichen Probleme in unseren Nachbarländern schnell gelöst werden.
Durch einen bloßen Konsolidierungskurs werden diese Länder ihre Staatsverschuldung aber nicht in den Griff bekommen. Hierzu braucht es ein gemeinsames Agieren der EU-Staaten, um die Finanzmärkte zu beruhigen und die Refinanzierungskosten der Staaten zu senken. Der Rettungsschirm ESM in Verbindung mit dem Fiskalpakt sind hierfür wichtige Zeichen. Der ESM wird Euro-Staaten helfen, die sich in einer Notlage befinden und am Markt keine bezahlbaren Kredite mehr bekommen. Er soll dafür sorgen, dass die Notlage eines Mitgliedstaates nicht zu einer Notlage der gesamten Eurozone führt. Zudem bietet er einen gemeinsamen Schutz vor Spekulationen gegen einzelne Mitgliedsstaaten. Lesen Sie dazu auch meine Persönliche Erklärung zu meinem Abstimmungsverhalten auf www.harald-ebner.de.
Zu Ihrer Frage der Unvereinbarkeit des ESM mit dem Grundgesetz möchte ich abschließend sagen, dass dazu aktuell ein Verfahren in Karlsruhe läuft. Obwohl auch meine Fraktion davon ausgeht, dass das Euro-Rettungspaket verfassungskonform ist, sollte einer Entscheidung des Bundesverfassungsgericht nicht vorgegriffen werden.
Mit freundlichen Grüßen
Harald Ebner