Frage an Hans-Werner Kammer von Hartmut H. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Kammer,
ich möchte über dieses Forum mit Ihnen kein Streitgespräch führen. Ihre Antwort vom 10. 07. auf meine Frage vom 05. 07. kann so jedoch nicht stehen bleiben.
Entgegen Ihren Aussagen in Ihrer Antwort hat der Deutsche Bundestag am 29. 06. 12 sehr wohl über den ESM abgestimmt. Dabei haben Sie mit JA votiert. Oder wie erklären Sie sich sonst die Klagen respektabler Persönlichkeiten und Institutionen vor dem BVerG ? Meine Frage nach Ihren Beweggründen für Ihr JA am 29. 06. 12 haben Sie nicht beantwortet.
Weiterhin ist wohl unstreitig, dass Spanien inzwischen unter den ESM schlüpfen muß und vsl. ca € 100 Mrd. zur Refinanzierung ausschließlich seiner Banken erbittet. Dies ist selbstverständlich der Weg zu einer Bankenunion, vorgezogen vor die in Brüssel so euphorisch gefeierte und von Frau Merkel mitgetragene Einrichtung einer europäischen Bankenaufsicht. Auch diesem Verfahren haben Sie am 29. 06. 12 m. W. nach zugestimmt.
Beste Grüße
Hartmut Herdan
I
Sehr geehrter Herr Herdan,
selbstverständlich hat der Bundestag am 29. Juni über den ESM abgestimmt. Die genauen Tagesordnungspunkte finden Sie hier: http://www.bundestag.de/dokumente/tagesordnungen/188.html. Was Sie dort aber nicht finden ist eine Abstimmung über die Ergebnisse des Gipfeltreffens vom 28./29. Juni. Detaillierte Informationen zum Gipfel finden Sie auf http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Reiseberichte/be-2012-06-28-eu-rat.html?nn=391850 Diese Beschlüsse sind der Kern der Kritik der Ökonomen um Hans-Werner Sinn, jedoch nicht der ESM als solcher. Vgl. http://www.tagesschau.de/wirtschaft/brief104~.html
Nun zu der Frage, warum ich dem ESM zugestimmt habe: Weil ich davon überzeugt bin, dass es der richtige Weg ist, um das finanzwirtschaftliche Gefüge der Eurozone zu stabilisieren. Ein Scheitern des Euro hätte für Deutschland fatale Auswirkungen. Ich bin mir sehr wohl bewusst, dass ich hier große Verantwortung trage.
Abschließend nochmals zur Frage der Bankenunion: Eine Bankenunion ist auf dem Euro-Gipfel am 29. Juni nicht beschlossen worden. Es ist keine kollektive Haftung für die Schulden der Banken der Euro-Zone zu Lasten der Steuerzahler, Rentner und Sparer vereinbart worden. Ein zentrales Ergebnis des Gipfels ist, dass ein wirksamer einheitlicher Aufsichtsmechanismus für Banken des Euro-Währungsgebiets unter Einbeziehung der Europäischen Zentralbank eingerichtet werden soll. Erst dann könnte in einem weiteren Schritt der Europäische Stabilitätsmechanismus ESM die Möglichkeit erhalten, Banken in Ausnahmefällen und unter strikten Auflagen direkt zu rekapitalisieren. Dies ist sowohl für den temporären Rettungsschirm EFSF als auch für den ESM vertraglich derzeit nicht vorgesehen. Hilfsgelder können derzeit grundsätzlich nur an Mitgliedstaaten gezahlt werden. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat auf dem Gipfel richtigerweise keinerlei Zugeständnisse zu einer europäischen Einlagensicherung gemacht, genauso wenig wurden Schritte in Richtung gemeinsamer europäischer Anleihen beschlossen. Ich unterstütze die Beschlüsse des Gipfels daher ausdrücklich.
Mit freundlichen Grüßen
Hans-Werner Kammer