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Hans-Werner Kammer
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Frage von Jens S. •

Frage an Hans-Werner Kammer von Jens S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Hans-Werner Kammer

was konkret unternimmt ihre Partei gegen die Tag täglich stattfindende Ausbeutung von Menschen welche in Zeitarbeitsunternehmen beschäftigt sind?
Mich würde interessieren wie sie genau dieses moderne Form der schon längst geglaubten Sklaverei wirksam bekämpfen.

Bitte kommen sie mir aber nicht mit nichts sagenden Floskeln wie die unhaltbaren Behauptungen von Bildungsferne und fehlender Mobilität der Zeitarbeitnehmer. Genauso unhaltbar und meiner Meinung auch verlogen ist die immer wieder beschworene Lüge (etwas anderes ist eine unwahre Behauptung leider nicht) von der Chance der Zeitarbeiter als Sprungbrett in ein festes Arbeitsverhältnis.

Das Gegenteil ist leider der Fall. Bei einem Blick zum Beispiel in Arbeitsplatzangeboten bei der Agentur von Arbeit dürfte selbst dem größten Zweifler auffallen das der Anteil der Zeitarbeits- und Leiharbeitsfirmen mittlerweile bei mindestens 90 Prozent liegt. Wen wundert es auch bei diesen ach so "schönen" Gesetzen. Leider nicht für die Arbeitnehmer sondern nur zur Erhöhung der Gewinne der Verleih und auch der Leihfirmen.
Glauben sie mir bitte ich weiß wovon ich rede. Ich selbst bin seit 4 jahren in der Leiharbeitsbranche beschäftigt und habe und erlebe dort täglich Mißstände die mich zu diesen wenn auch sehr harten Aussagen über gesetzliche genehmígten Sklavenhandel bringen.
Der Jornalist Günter Walraff hat schon mehrfach in sehr gut recherchierten Berichten in Schrift und auch in Filmform auf Mißstände in der von mir benannten Branche hingewiesen. Bitte glauben sie mir eines er hat nur an der Oberfläche gekratzt.

Kurz noch zu meiner Person ich bin 46 jahre alt habe einen 10 Klassenabschluß und bin im Besitz von zwei Facharbeiterabschlüssen. Soviel zu Bildungsferne. Fehlende Mobilität ebenfalls Fehlanzeige . Wegen Arbeit bin ich auch 700 km umgezogen. Zur Zeit habe ich einen Stundenlohn von 8€ brutto und die Stammbelegschaft 16€ brutto und für die gleiche Arbeit
Mfg einer unter vielen

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Schuster,

bitte entschuldigen Sie zunächst, dass ich Ihre Anfrage vom 1. Oktober erst jetzt beantworte. Leider hat die Sicherstellung des zweigleisigen Ausbaus der Eisenbahnstrecke Wilhelmshaven – Oldenburg einen Großteil meiner Zeit beansprucht.

Ich habe ihre Frage mit sehr großem Interesse gelesen und glaube – da hier eine gesellschaftliche Fehlentwicklung ersten Ranges eingetreten ist –, dass sie eine etwas längere und ausführlichere Antwort verdient hat.

Bitte gestatten Sie mir, zunächst auf die Ursprünge der Leiharbeit einzugehen: die Leiharbeit sollte dazu dienen einen erhöhten kurzfristigen Personalbedarf von Unternehmen aufgrund von Auftragsspitzen zu decken. Gleichzeitig sollte engagierten Mitarbeitern die Möglichkeit gegeben werden, um das Unternehmen von ihren Fähigkeiten zu überzeugen und so eine Festanstellung bei dem Unternehmen zu erlangen ("Klebeeffekt“).

Entscheidender Grund für diese Regelungen war – und ist! – das Arbeitsrecht in der Bundesrepublik, das es den Unternehmen sehr schwer macht, sich bei einer Veränderung der Auftragslage von Mitarbeitern zu trennen. Insofern schien es besser, die Leiharbeit zu liberalisieren als die Überstunden der Stammbelegschaft weiter wachsen zu lassen.

Dieses ist nach meiner Überzeugung eine grundsätzlich richtige Lösung gewesen. Inzwischen ist das Instrument der Leiharbeit aber durch eine mehr als problematische Praxis pervertiert worden: viele Unternehmen entlassen Mitarbeiter, um sie dann zu einem niedrigeren Tarif bei dem Zeitarbeitsunternehmen der Unternehmensgruppe wieder einzustellen. Ein anderer Auswuchs dieser Regelung ist die Herausbildung von Zwei-Klassen-Belegschaften in einem Unternehmen: ein Teil der Belegschaft wird von Leiharbeitsfirmen gestellt, erhält einen geringeren Lohn und trägt ein sehr hohes Arbeitsplatzrisiko. Daneben gibt es Mitarbeiter, die direkt von dem Unternehmen angestellt sind, einen wesentlich höheren Lohn beziehen und durch tarifliche Absicherungen sowie arbeitsrechtliche Regelungen ein geringeres Arbeitsplatzrisiko tragen.

Diese Entwicklung sehe ich mit einem sehr großen Unbehagen. Daher begrüße ich auch, dass die Bundesarbeitsministerin sich dieses Themas annehmen will. Genauere Informationen dazu liegen mir leider noch nicht vor. Ich fürchte aber schon jetzt, dass sich an dem Dreh- und Angelpunkt der gesamten Problematik, dem gesetzlichen Kündigungsschutz, hitzige Debatten mit künstlicher Empörung, die wir alle schon sehr oft gehört haben, entzünden werden.

Ich persönlich fände eine Lockerung des Kündigungsschutzes, der manchmal seltsame Blüten treibt, vertretbarer als die Beibehaltung des jetzigen Zustands.

Ich teile Ihre Auffassung, dass die Gleichsetzung von Leiharbeitern mit unqualifizierten Arbeitnehmern völlig falsch ist. Dies mag vielleicht am Anfang dieser Entwicklung so gewesen sein, inzwischen ist es nicht mehr so: sogar akademisch ausgebildete Menschen werden durch Leiharbeitsunternehmen vermittelt.

Ich bedaure, dass ich Ihnen keine konkrete Hilfe in ihrer derzeitigen Situation bieten kann, versichere Ihnen aber, dass in dieser Missstand bekannt ist und ich mich für eine Verbesserung der Situation der Betroffenen einsetzen werde.

Mit freundlichen Grüßen

Hans-Werner Kammer