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Hans-Werner Kammer
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Frage von Bernd R. •

Frage an Hans-Werner Kammer von Bernd R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Kammer,

wie stellen Sie sich dem Problem des Gesetzes der Frau v.d.Leyen zur Bekämpfung der Kinderpornografie, bei dem das BKA gleichzeitig Ermittler, Ankläger und Richter ist?

Ist es nicht Strafvereitelung im Amt, wenn ein Beamter eine Seite im Netz lediglich sperrt, anstatt gegen den Straftäter vorzugehen?

Wie wollen Sie ausschließen, daß dies das Einfallstor für Internetzensur wird? Einige Ihrer Kollegen Ihrer Fraktion haben ja schon auf dieser Website entsprechende Interessen geäußert, und von Lobbygruppen wie der Musikindustrie wird der Entwurf - nicht ganz eigennützig- unterstützt.

Mit freundlichen Grüßen

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Rosam,

ich danke Ihnen für die Ausführungen zur Sperrung von kinderpornografischen Internetseiten.
Bei diesem Thema geht es aus rechtlicher Sicht grundsätzlich um zwei Komplexe. Zum einen bedroht § 184b des Strafgesetzbuches (Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Schriften) all diejenigen mit Strafe, die kinderpornographische Schriften, wozu auch Ton- und Bildträger sowie Datenspeicher gehören, verbreiten, die solche Schriften öffentlich ausstellen, anschlagen, vorführen oder sonst zugänglich machen oder die diese Machwerke herstellen, beziehen, liefern, vorrätig halten, anbieten, ankündigen, anpreisen, einzuführen oder auszuführen unternehmen. Hierbei handelt es sich im Wesentlichen um diejenigen, die kinderpornographische Inhalte ins Internet stellen.

Hier genügt oft ein Hinweis an die Betreiber der Server, um dem Spuk ein Ende zu bereiten. Gemäß § 184b des Strafgesetzbuches gilt aber auch, dass sich strafbar macht, wer es unternimmt, sich kinderpornographische Schriften zu verschaffen; dazu gehören auch Dateien und das Betrachten von Bildern im Internet. Der Bundesgerichtshof hat dies folgendermaßen präzisiert: "Auch mit der bloßen Speicherung solcher Dateien im Cache-Speicher eines PC-Systems erlangt dessen Benutzer Besitz, weil es ihm möglich ist, jederzeit diese Dateien wieder aufzurufen, solange sie nicht manuell oder systembedingt automatisch gelöscht wurden" (BGH 1 StR 430/06 - Beschluss vom 10.10.2006). Entsprechend ist die Sperrung einer derartigen Internet-Seite als Verhinderung einer Straftat zu qualifizieren. Dieser Fall unterscheidet sich z.B. von der Sperrung einer Internet-Seite, die vielleicht einen strafwürdigen Inhalt hat, bei der es aber nicht strafbar ist, ihn sich zu verschaffen.

Der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist es wichtig, endlich gegen die Beschaffung von kinderpornographischen Schriften vorzugehen. Die Bundesregierung hat darüber unter Federführung der Familienministerin von der Leyen in den letzten Wochen und Monaten intensive Gespräche und Verhandlungen mit der betroffenen Wirtschaft geführt. Dabei sind zwei Dinge deutlich geworden:

Erstens sind die Internet-Provider dazu bereit, den Zugang zu kinderpornographischen Inhalten zu erschweren und so die Beschaffungskriminalität einzudämmen. Fünf große Unternehmen haben sich inzwischen auf vertraglicher Basis dazu verpflichtet.

Und zweitens brauchen wir eine gesetzliche Regelung. Als deren wichtigste Punkte streben wir Folgendes an:
Alle großen Internetzugangsanbieter werden verpflichtet, durch geeignete technische Maßnahmen den Zugang zu kinderpornographischen Inhalten zu erschweren. Basis sind täglich aktualisierte Sperrlisten des Bundeskriminalamts. Aus präventiven Gründen wird gegenüber den betroffenen Nutzern über eine Stopp-Meldung klargestellt, warum der Zugang zu einem kinderpornographischen Angebot erschwert wird. Die Zugangsanbieter haften nur, wenn und soweit sie die Sperrliste des Bundeskriminalamts nicht ordnungsgemäß umsetzen. Die anfallenden Daten können für die Strafverfolgung genutzt werden, soweit die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen.

Da mit den Regelungen gesetzgeberisches Neuland betreten wird, sollen sie innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten evaluiert werden. Dabei ist es uns besonders wichtig, klar zu stellen, dass es sich bei der genannten Sperrliste und bei der Verpflichtung der Internet-Provider, die auf dieser Liste enthaltenen Internet-Seiten zu sperren, eben nicht um eine Zensur des Internets handelt, bei der der Staat - aus welchen Gründen auch immer - einige Internetseiten sperren lässt, um seine Bürgerinnen und Bürger mehr oder weniger willkürlich an der Nutzung des Internets zu hindern. Läge die Sache so, würden wir die Bedenken - insbesondere hinsichtlich der Zusammenstellung der Sperrliste und ihrer Überprüfung - uneingeschränkt teilen und den Gesetzentwurf in dieser Form nicht unterstützen. Die Sache liegt aber anders - hier geht es um die Verhinderung von Straftaten gemäß § 184b des Strafgesetzbuches.

In der öffentlichen Diskussion ist bisher leider nicht ausreichend deutlich geworden, dass die Einschränkungen des Zugangs und die Strafverfolgung sich nur auf die besondere Struktur des § 184b des Strafgesetzbuches beziehen, d.h. auf die Verschaffung der Kinderpornographie. Es ist nicht daran gedacht, ähnliche Maßnahmen auch bei anderen Rechtsverletzungen zu ergreifen, bei denen z.B. das Betrachten der Seite straflos ist und eine weitere Handlung - möglicherweise ein Download einer Datei - hinzutreten muss, um ein Rechtsgut zu verletzen. Insofern sind wir fest davon überzeugt, dass dieses Gesetzesvorhaben die Grundrechte der Bürger nicht tangieren wird.

Es ist klar, dass das Gesetz kein Allheilmittel ist. Aber es ist ein weiterer Baustein in unserer Gesamtstrategie, die Kinder zu schützen und den Markt für Kinderpornographie soweit es geht auszutrocknen. Die Blockierung von Homepages mit kinderpornografischen Darstellungen (Access Blocking) ist ein wichtiger Schritt hierfür. Norwegen, Dänemark, Schweden, Niederlande, Neuseeland, Schweiz, Südkorea, Kanada, Taiwan und Großbritannien haben diesen Weg bereits erfolgreich beschritten.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Hans-Werner Kammer