Portrait von Hans-Kurt Hill
Hans-Kurt Hill
DIE LINKE
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Hans-Kurt Hill zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Erkan Ö. •

Frage an Hans-Kurt Hill von Erkan Ö. bezüglich Umwelt

Sehr geehrter Herr Hill,

die Linkspartei hat sich in den vergangenen Tagen dafür ausgesprochen, am Atomausstieg festzuhalten. Glaubt man den Umfrageergebnissen, dann halten sich unter den Anhängern der Linkspartei die Unterstützer und die Gegner des Atomausstiegs allerdings fast die Waage. Werden sie Ihre Position zur Atomkraft korrigieren, wenn der Druck aus der Wählerschaft weiter zunimmt?

Mit freundlichen Grüßen
Erkan Özdemir

Portrait von Hans-Kurt Hill
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Özdemir,

vielen Dank für die Frage. DIE LINKE hat sich aus guten Gründen für den schnellstmöglichen Ausstieg aus der gefährlichen und unbeherrschbaren Atomenergie ausgesprochen. Dabei werden wir auch bleiben. Sicherlich ist der Gedanke nach Laufzeitverlängerungen bei vielen Menschen von der Sorge vor den hohen Strompreise getrieben. Doch man muss feststellen, dass mehr Atomenergie weder die Preistreiberei auf dem Strommarkt beendet, noch für mehr Versorgungssicherheit steht. Von den Anlagen geht eine ständige Gefahr für die Bevölkerung aus. Immer wieder zeigen Zwischenfälle in Atomkraftwerken, wie vor kurzem in Frankreich als aus der Anlage Tricastin Uran in einen nahe gelegenen Fluss gelangte oder letzten Sommer in Deutschen Atommeilern als eine Stromschwankung im Netz gleich die zwei Reaktoren Brunsbüttel und Krümmel lahm legte, dass die Technik nicht in den Griff zu bekommen ist. Ein Verdrahtungsfehler im Schwedischen Atomkraftwerk Forsmark führte fast zu einer Kernschmelze. Hinzu kommen Vertuschungsversuche bei den Verantwortlichen. Ständig sind mehrere Meiler wegen des Versagens der Technik nicht am Netz. Für Versorgungssicherheit stehen die Anlagen schon deshalb nicht.

Auch gibt es nach wie vor kein Endlager für die hochradioaktiven Abfälle. Keiner weiß, ob es überhaupt möglich ist, die Strahlenlast für hunderttausende Jahre sicher zu verwahren. Damit müssen die kommenden Generationen leben. Auch der Beitrag zum Klimaschutz ist eine Mogelpackung. Bleiben die Meiler länger am Netz, sind die Energiekonzerne nicht gefordert, die Energiewende vornzutreiben, da beim Emissionshandel die CO2-intensive Uranbeschaffung und die Strahlengefahr nicht angerechnet werden. So können Betreiber wie RWE und EON gleichzeitig neue und klimaschädliche Kohlekraftwerke bauen und überlassen Klimawandel und Strahlenmüll unseren Kindern.

Darüber hinaus kommt uns die Atomenergie teuer zustehen. Nur bei den Energiekonzerne führt Atomstrom zu absurden Gewinnen auf Kosten der Allgemeinheit in Höhe von 300 Mio. Euro je Reaktor im Jahr. Die Bereitstellungskosten für Strom aus abgeschriebenen Atomkraftwerken werden mit nur 1,5 bis 2 Cent je Kilowattstunde angegeben. An der Strombörse, die von den gleichen Energiekonzernen nach Einschätzung vieler Experten manipuliert wird, wird der Strom aber für 8 Cent verkauft. Die tatsächlichen Kosten des Atomstroms liegen aber deutlich höher, wenn die externen Kosten berücksichtigt werden. Nach Einschätzung der Enquete-Kommission Nachhaltige Energieversorgung von 2002 betragen die Zusatzkosten (Umwelt-, Gesundheits- und Entsorgungskosten), die nicht auf der Stromrechnung auftauchen, bis zu 2 Euro je Kilowattstunde. Sie sind von der Allgemeinheit aufzubringen.

Die Schäden aus einem Kernschmelze-Unfall werden auf 500 Milliarden (Mrd.) bis 5 Billionen Euro geschätzt. Die Atomkraftwerksbetreiber haben aber eine Haftungsbeschränkung von 2,5 Mrd. Euro. Das darüber hinausgehende Risiko trägt die öffentliche Hand. Die Rückstellungen der Konzerne für die Entsorgung beliefen sich Ende 2006 auf 27,6 Milliarden Euro und sind Steuerfrei, was zu erheblichen Einnahmeausfällen im Bundeshaushalt führt. Die Summen werden von den Konzernen genutzt, um ihre Marktmacht auszubauen ohne die Energiewende voranzubringen. Auch mehrere gescheiterte Atomprojekte wurden vom Steuerzahler getragen. Der schnelle Brüter in Kalkar, der nie ans Netz ging hat Kosten von 3,5 Mrd. Euro verursacht. Der Hochtemperaturreaktor Hamm-Uentrop, der nach wenigen Betriebsstunden abgeschaltet werden musste, hat einschließlich Rückbau 2,5 Mrd. Euro gekostet. Den Rückbau des KKW Greifswald bezahlt die Allgemeinheit mit 7,5 Mrd. Euro. 20 Milliarden Euro sind in Deutschland in die öffentliche Kernenergieforschung geflossen, über Euratom wurde die Atomenergie mit insgesamt 400 Mrd. bezuschusst. Die Endlagerkosten belaufen sich bisher auf 2 Mrd. Euro.

Fazit: Unter Einbeziehung der externen Kosten ist Strom aus Wind- und Wasserenergie, aber auch Erdgas, bereits billiger als Atom- und Kohlestrom. Bereits jetzt wirken sich erneuerbare Energien kostendämpfend auf den Strommix in Deutschland aus. DIE LINKE spricht sich deshalb für einen Ausstieg aus der fossil-atomaren Energiewirtschaft bis 2050 aus.

Hans-Kurt Hill