Frage an Hans-Josef Fell von Gerald N. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Fell,
ich wende mich an Sie, weil ich Ihren konsequenten Einsatz für erneuerbare Energien sehr schätze.
Ich frage mich, warum die noch vor hundert Jahre sehr verbreitete Niederwaldnutzung heute nicht wieder für die Produktion von Brennholz eingesetzt wird. Bei dieser Nutzungsform werden geeignete Baumsorten wie Hainbuche und Eiche auf einem Feld angebaut und alle paar Jahre auf Stock geschnitten, um wieder von unten auszutreiben. Nach Auskunft eines befreundeten Biologen waren die Niederwälder ökologisch sehr wertvolle Biotope, die zugleich höhere Holzerträge als Hochwälder brachten. Wäre es nicht möglich, dass die Bundesregierung die Rückbesinnung auf diese Anbauform durch geeignete Maßnahmen anstößt?
Mit freundlichen Grüßen,
Gerald Neubauer
Sehr geehrter Herr Neubauer,
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sehen die Anlage von so genannten Kurzumtriebsplantagen (KUP) auf Äckern grundsätzlich positiv, da diese ökologisch und naturschutzfachlich günstiger zu bewerten sind als einjährige Kulturen auf Äckern. Auch in der Fachwelt wird die Anlage von KUPs auch in der Fachwelt immer stärker diskutiert. Allerdings geht es dabei aus ökonomischen Gründen zumeist um den Anbau von schnell wachsenden Hölzern wie Pappeln und Weiden, weniger um Hainbuchen und Eichen.
Unseren Informationen zufolge sind KUP voll beihilfefähig. Der Landwirt muss also nicht auf die EU-Direktzahlungen verzichten (was ansonsten sicherlich ein großes ökonomisches Hindernis für KUPs wäre). Dass die Anlage von KUPs dennoch bisher kaum geschieht, wird dennoch im Wesentlichen wirtschaftliche Gründe haben, d.h. der Absatz des geernteten Holzes bringt offensichtlich immer noch weniger ein als andere Ackerkulturen – ein Trend, der durch die derzeit steigenden Agrarpreise infolge des Bioenergiebooms sicherlich noch anhalten wird. Ein weiterer Grund dürfte auch sein, dass es für die meisten Landwirten noch unbekanntes Terrain ist. D.h. sie müssten bereit sein, Neuland zu betreten. Pionier sein will aber immer nur ein Teil der Akteure.
Bei der Frage, inwieweit man durch zusätzliche Förderanreize direkt den Anbau von KUP befördern kann und sollte, ist sicherlich Skepsis angesagt. Man könnte über die Einführung einer Förderung für die Anlage von KUPs im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz nachdenken. Frisches Geld wird es dafür von den Finannzministern aber sicher nicht geben. Man müsste also prüfen, welche anderen Agrarförderprogramme dafür gekürzt werden könnten. Unsere Priorität liegt da sicherlich bei der Förderung der Errichtung von Energieanlagen, nicht beim Anbau von Energiepflanzen.
Für das Wiedererstehen von Nieder- und Mittelwäldern in Wäldern im Sinne des Bundeswaldgesetzes gibt es derzeit wenig Anzeichen. Ein wesentlicher Grund dürfte auch hier sicherlich der für Energieholz zu erlösende Preis sein. Aber es gibt auch rechtliche Gründe, denn es gilt im Wald ein Kahlschlagverbot. Unser Leitbild sind kahlschlagfrei bewirtschaftete, naturnahe Wälder im Dauerwaldbetrieb mit einer gemischten Altersstruktur. Ob es ökologisch und naturschutzfachlich zu vertreten ist, solche Wälder in Nieder- und Mittelwäldern umzuwandeln, da sind wir sehr skeptisch. Bei Monokultur-Altersklassenwäldern könnte das eventuell anders sein. Aber auch dort gilt das Kahlschlagverbot.
Hans-Josef Fell MdB