Frage an Hans-Josef Fell von Christian S. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Hans-Josef Fell,
ich möchte gerne wissen warum Sie bei den Finanzhilfen für Griechenland zugestimmt haben, ohne auf die Mehrheit des Volkes zu hören, das genug davon hat das Deutsche Steuergelder an andere Länder verschleudert werden?
Wir leben doch in einer Demokratie, oder?
Warum hören Sie als Volksvertreterin dann nicht auf den Willen des Volkes?
Warum gab es keine Volksabstimmung, ob wir Bürger überhaupt noch mehr Geld geben wollen?
Warum gab es keine Volksabstimmung, ob wir Bürger den Euro überhaupt wollen?
Warum gab es keine Volksabstimmung, ob wir Bürger überhaupt in der EU sein wollen?
Uns hat nie jemand gefragt!
Sehr geehrter Herr Schubert,
meines Erachtens ist es nicht so einfach, sich auf die Mehrheit des Volkes zu berufen, die vielleicht in verschiedenen Umfragen ihrem Unwillen Luft gemacht hat. Die Mehrheit, auf die ich mich berufe, ist die Wahl des letzten Bundestages. Deutschland ist ein Rechtsstaat. Und dieser Rechtsstaat beruht auf dem Grundgesetz. Alle Beschlüsse, die aus Ihrer Sicht nicht im Willen des Volkes sind, kamen verfassungsgemäß zustande und wurden von breiten Mehrheiten der parlamentarischen Vertreterinnen und Vertreter verabschiedet.
Auch die Grüne Bundestagsfraktion hat in der Mehrheit für die Rettungspakte und die Einführung von Instrumenten wie den Rettungsschirm ESM und den Fiskalpakt gestimmt. Aber wir haben auch jede Abstimmung mit einem eigenen Entschließungsantrag begleitet, in dem wir unsere differenzierte Kritik an der schwarz-gelben Rettungspolitik begründet haben. Unser wichtigstes Ziel ist jedoch immer gewesen, die Stabilitt der Euro-Zone nicht zu gefährden und den in Not geratenen Ländern zu helfen, bis sie nötige Reformen umgesetzt und ihre Haushalte konsolidiert haben. Deshalb haben wir letzten Endes immer zugestimmt - in der Gesamtabwägung war das für uns die beste Entscheidung.
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen setzt sich seit ihrem Bestehen für den Ausbau direktdemokratischer Instrumente ein. Verschiedene Anträge im Bundestag und die entsprechenden Formulierungen in den Wahlprogrammen geben darüber Aufschluss. Allerdings ist es aus unserer Sicht nicht verantwortungsvoll in Ausnahmefällen, wo die Stabilität einer gemeinsamen Währung vieler europäischer Staaten auf dem Spiel steht, diese Stabilität durch Volksabstimmungen in einzelnen Ländern scheitern zu lassen. Stellen Sie sich Volksabstimmungen in Bayern oder Baden-Württemberg über deren Beiträge zum Länderfinanzausgleich vor. Um den Länderfinanzausgleich zu verstehen, muss man eine bundesstaatliche Perspektive einnehmen um das gesamtstaatliche Interesse der Bundesrepublik bemessen zu können. Ähnlich verhält sich die Situation auf europäischer Ebene. Wir sind Teil der Europäischen Union. Wir haben Verträge unterzeichnet und ratifiziert. Alles nach den Vorgaben des Grundgesetzes. Dieses Grundgesetz nun in der Krise über Bord zu werfen, den anderen Mitgliedsstaaten zu erklären, was interessiert uns, was wir gestern unterschrieben haben und eine im Grundgesetz nicht vorgesehen Abstimmung durchzuführen ist nicht die Politik, wie sie die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen betreibt.
Mit freundlichen Grüßen
Hans-Josef Fell