Frage an Hans-Josef Fell von Dr. H. A. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrter Herr Fell,
seit 15. Januar 05 ist das Luftsicherheitsgesetz in Kraft getreten. Hier ist u.a. festgelegt, dass sich jeder Sportpilot jährlich einer umfangreichen Sicherheitsüberprüfung (Polizei, Nachrichtendienste, Zoll usw.) zu unterziehen hat. Dieses Gesetz verstößt nach Ansicht des Herrn Bundespräsidenten, des Beauftragten für Datenschutz und führender Verfassungsrechtler gegen das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Eine derartig umfangreiche Überprüfung ist nur bei Anfangsverdacht zulässig, ansonsten muss Unschuldsvermutung gelten. Wir Sportpiloten werden genötigt, „freiwillig“ eine solche Überprüfung zu beantragen und auch noch selbst zu bezahlen, ansonsten wird die Lizenz entzogen. Nachweislich wurde bisher aber kein einziger Terroranschlag durch einen lizensierten Sportpiloten verübt, wohl aber durch (lizensierte) Autofahrer und (nicht lizensierte) Rucksackträger. Eine solche Massnahme war in der Vergangenheit und ist in der Zukunft nicht geeignet, auch nur einen Anschlag zu verhindern. Zudem ist das Gefährdungspotenzial durch einen Kleintransporter mit einer Zuladung von 1 bis 2 Tonnen erheblich höher, als bei einem Motorsegler mit 100 kg Zuladung, ganz zu schweigen von LKWs mit einer Zuladung von mehreren Tonnen.
Ein erklärtes Ziel des internationalen Terrorismus ist, so viele Kräfte wie möglich durch (in diesem Fall sinnlose) Sicherheitsmassnahmen zu binden, ein weiteres, Freiheitsrechte zu beschneiden. So gesehen unterstützt dieses sinnlose Gesetz die Ziele des Terrorismus! Darüber hinaus ist dieses Gesetz so schlampig gemacht, dass es ohne eine (in diesem Gesetz geforderte aber bis jetzt nicht erlassene) Durchführungsverordnung mit ausreichender Rechtssicherheit nicht anwendbar ist.
Ist Ihrer Meinung nach hier das rechtsstaatliche Prinzip der Verhältnismässigkeit und der Gleichbehandlung noch gewahrt? Werden Sie sich nach Ihrer Wahl für diese Prinzipien einsetzen oder finden Sie diesen blinden Aktionismus gerechtfertigt? Werden Sie sich für die verfassungsmäßigen Rechte auch einer Minderheit einsetzen? Für weitere Fragen stehe ich gerne zur Verfügung.
Mit freundlichern Grüßen
Dr. H. Amschler
Ringstr. 22
97618 Unsleben
Sehr geehrte Herr Dr. Amschler,
nach den Anschlägen des 11. September 2001 wurde weltweit über neue Maßnahmen für mehr Luftsicherheit diskutiert. Das deutsche Luftsicherheitsgesetz setzt die EU-Verordnung für mehr Sicherheit in der Zivilluftfahrt um, die auch Zuverlässigkeitsüberprüfungen vorsieht. Der Luftzwischenfall in Frankfurt und der absichtliche Absturz vor dem Reichstag in Berlin haben deutlich gemacht, dass auch Kleinflugzeuge ein Bedrohungs- und Gefährdungspotential darstellen können.
Die Innenministerkonferenz ist im Mai 2003 zu dem Ergebnis gekommen, dass der Luftverkehr gegenüber anderen Verkehrsträgern einer besonderen Gefährdung unterliegt. Durch die Nutzung eines Kleinflugzeuges als Tatwaffe können massive Schäden angerichtet werden, wenn diese z. B. mit Sprengstoff beladen werden. Entgegen Ihrer Annahme war Atta Inhaber einer Privatpilotenlizenz.
Der Staat hat die Verantwortung, die Bevölkerung vor Gefahren zu schützen. Eine Zuverlässigkeitsüberprüfung halten wir für erforderlich. Wir teilen aber Ihre Auffassung, dass die Regelungen im Luftsicherheitsgesetz zu bürokratisch sind. In den Verhandlungen hatten wir uns dafür eingesetzt, die Zuverlässigkeitsüberprüfung wie in der EU-Verordnung vorgesehen, lediglich alle 5 Jahre zu wiederholen. Eine jährliche Überprüfung ist übertrieben und für die Betroffenen mit nicht verhältnismäßigen Kosten verbunden.
Wir werden uns hier erneut für erträgliche und vermittelbare
Regelungen einsetzen.
Piloten sind nicht die einzigen Betroffenen.
Zuverlässigkeitsüberprüfungen gab es bereits vor Inkrafttreten des Luftsicherheitsgesetzes für Personen, die in sicherheitsrelevanten Bereichen arbeiteten (z.B. Kernkraftwerke). Diejenigen Personen, die in beruflichem Zusammenhang regelmäßig in den sicherheitsrelevanten Bereichen der Verkehrsflughäfen tätig waren, z.B. Personal der Flughafenbetreiber und Luftfahrtunternehmen, sowie die Mitarbeiter der Flugsicherung, die einen Einfluss auf die Sicherheit des Luftverkehrs haben, müssen sich einer regelmäßigen Sicherheitsüberprüfung unterziehen. Auch Hobbypiloten haben Zutritt zu den relevanten Sicherheitsbereichen und sind deshalb in die Überprüfung einzubeziehen.
Auch wir sehen, dass Zuverlässigkeitsprüfungen kein Allheilmittel gegen Bedrohungen sind, aber auf sie zu verzichten wäre leichtfertig. Natürlich ist es bedauerlich, dass sich viele rechtschaffene Bürgerinnen und Bürger, die sich nie etwas zuschulden haben kommen lassen, diesem Verfahren unterziehen müssen. Die Bedrohung durch den internationalen Terrorismus hat zu einer Verschärfung der Sicherheitsmaßnahmen geführt. Wir setzen uns dafür ein, dass das, was erforderlich ist, verhältnismäßig angewandt wird. Die Bürgerinnen und Bürger bitten wir um Verständnis und Unterstützung.
Hans-Josef Fell MdB