Frage an Hans-Josef Fell von Laura K. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Fell,
mein Name ist Laura Küpfer. Ich besuche die 12. Klasse des Technischen Gymnasiums Waldshut. Im Rahmen meines Seminarkurses bearbeite ich das Thema “Desertec – Solarstrom aus Nordafrika“.
Das Desertec-Projekt hat das Ziel, bis zum Jahr 2050 rund 15% des europäischen Strombedarfs mit Solarstrom aus Nordafrika zu decken. Zur Ausarbeitung des Konzepts wurde im Jahr 2009 die Desertec-Stiftung gegründet, die von grossen europäischen Firmen wie Siemens, Deutsche Bank, E.ON, RWE getragen wird.
Ein wichtiger Bestandteil meiner Arbeit besteht darin, zu untersuchen, wie Entscheidungsträger aus Politik und Wirtschaft das Projekt Desertec beurteilen. Vor diesem Hintergrund möchte ich Sie freundlichst bitten, folgende Fragen zu beantworten:
1) Wie beurteilen Sie persönlich das Projekt Desertec?
2) Wie beurteilt Ihre Partei dieses Projekt?
3) Wären Sie oder Ihre Partei bereit das Projekt Desertec, ähnlich wie andere regenerative Energiequellen, finanziell zu subventionieren?
Vielen Dank im Voraus für Ihre Unterstützung.
Mit freundlichen Grüssen
Laura Küpfer
Sehr geehrte Frau Küpfer,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Europa braucht eigentlich keinen DESERTEC Strom aus Nordafrika, weil Europa das Potenzial hat, sich spielend zu 100 Prozent mit Erneuerbaren Energien aus heimischen Quellen selbst versorgen kann. Trotzdem ist die Bedeutung von DESERTEC enorm. Bereits ein Prozent der Saharafläche würde ausreichen, um den Weltstrombedarf vollständig mit Solarkraftwerken zu decken. Dies ist natürlich nicht das Ziel, zeigt aber das riesige Potential.
Die Bedeutung von DESERTEC liegt neben der energiepolitischen Perspektive vor allem im Beitrag zur Entwicklung der nordafrikanischen Regionen. Auch Nordafrika muss sich bald selbst mit Erneuerbaren Energien versorgen, wenn wirksamer Klimaschutz realisiert werden soll. Eine Energiepartnerschaft zwischen Europa und Nordafrika, weg vom klimaschädlichen Erdöl und Erdgas hin zu Erneuerbaren Energien, wäre dazu die Initialzündung.
Spätestens seit den Klimaverhandlungen in Kopenhagen ist klar, der weltweite Klimaschutz kommt ins Stocken. Um diese Klimaschutzblockade zu überwinden, müssen Wege gefunden werden, dass großen Kapitalströme in Klimaschutzinvestitionen umgelenkt werden. Dazu gehören auch und gerade die großen Finanzströme der Energiekonzerne. Solange sie noch in konventionelle Energien investieren, wird es keinen wirksamen Klimaschutz geben. Wer also Großprojekte wie DESERTEC ablehnt, muss sich der Alternative bewusst sein: Das Geld, das sie nicht in Solarkraftwerke stecken, fließt weiterhin in Kohlekraft, Erdöl, Erdgas und Atom.
Der Ausbau der Erneuerbare Energien wird seit 2000 in Deutschland über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gefördert. Das EEG ist keine Subvention im klassischen Sinne, weil die Förderung haushaltsunabhängig, nämlich über den Strompreis funktioniert. Als wir damals das EEG geschrieben habe, war uns wichtig einen ausreichenden Anreiz zu schaffen, der regelmäßig überprüft und angeglichen wird um eine Überförderung zu verhindern. Wie genau eine Förderung von Strom aus Nordafrika aussehen soll, wird zur Zeit immer wieder diskutiert, nicht nur in meiner Fraktion. Offene Fragen sind dabei, welches Förderinstrument genutzt wird, wie dieses finanziert wird und wo der Strom und über welche Leitungen nach Europa gelangt. Wir sind dabei im engen Austausch mit Experten und Vertretern von DESERTEC.
Ich hoffe ich konnte Ihre Fragen soweit beantworten.
Alles Gute und freundliche Grüße wünscht
Hans-Josef Fell