Frage an Hans-Josef Fell von Felix B. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrter Herr Fell,
Ich wende mich an Sie, weil Sie sowohl stellvertretend im Verteidigungsausschuss als auch stellvertretend im Bildungsausschuss sitzen (Ähnlich wie Herr Dr. Brandl (CSU) und Herr Dr. Bartels (SPD), denen ich die gleiche Frage gestellt habe).
Im Rahmen meines FSJ Politik habe ich vor geraumer Zeit am Planspiel POL&IS der Bundeswehr teilgenommen. Während mir das Planspiel gut gefallen hat, sehe ich die Rolle der Bundeswehr in der Bildungspolitik durchaus kritisch. Es stellten sich mir folgende Frage:
Nach offizieller Lesart ist POL&IS keine Werbemaßnahme der Bundeswehr sondern eine reine Bildungsveranstaltung. Die Jugendoffiziere bezeichnen ihre Rolle im Spiel als neutral und unvoreingenommen, geschweige denn manipulativ. Die Bundeswehr hat POL&IS in den achtzigern von einem zivilen Professor gekauft und veranstaltet es seither unter Leitung ihrer Jugendoffiziere. POL&IS ist im Bundeshaushalt im Einzelplan 14 für Verteidigung eingestellt.
Warum? Warum wird eine so eindeutige Bildungsveranstaltung in die Hände der Bundeswehr gelegt? Gibt es dafür keine anderen, geeigneteren und weniger fragwürdigen Organisationen, wie zum Beispiel die Bundeszentrale für politische Bildung? Welchen Vorteil hat es, POL&IS von der Bundeswehr durchführen zu lassen?
In der anschließenden Diskussion (zu der wir auch einen Friedensaktivisten geladen hatten) äußerte ich meine Kritik. Der anwesende Jugendoffizier verwies in seinen Antworten meist auf das Parlament. Es sei die Entscheidung des Bundestags, wer dieses Spiel durchführe und was die Bundeswehr tue.
Wie und auf welcher Grundlage wird diese Entscheidung gefällt? Wird sie regelmäßig kritisch überprüft?
Ich freue mich auf ihre Antwort und verbleibe bis dahin
mit freundlichen Grüßen,
Felix Bode
Sehr geehrter Herr Bode,
die Bundeswehr hat das Spiel POL&IS 1989 gekauft, um es als Instrument ihrer Öffentlichkeitsarbeit zu verwenden, und nach Bekunden der Bundeswehr seitdem fortwährend unter Einbeziehung von Anregungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer weiter entwickelt. Das Spiel wird im Rahmen der Informationsarbeit der Bundeswehr ausschließlich von den Jugendoffizieren durchgeführt. Diese verpflichten sich in der Tat, keine Personalwerbung sondern ausschließlich Bildungs- und Informationsarbeit zu betreiben und sich dabei an die Regeln des Beutelsbacher Konsenses zu halten. Der Beutelsbacher Konsens legt für die politische Bildung in Deutschland fest, dass sich Lehrende an das Überwältigungsverbot und die Gebote der Kontroversität und der Orientierung an den Interessen der Schülerinnen und Schüler halten, und gilt auch für das Planspiel.
Trotz dieser Selbstverpflichtung trete ich dafür ein, dass Veranstaltungen der Bundeswehr mit jungen Menschen und vor allem an öffentlichen Bildungseinrichtungen nicht von BundeswehrvertreterInnen allein durchgeführt werden. Denn natürlich liegt es im Interesse der Jugendoffiziere, die Sicherheitspolitik der Bundesregierung und die Bundeswehr als Teil dieser zu legitimieren und bei ihrer Zielgruppe für Zustimmung zu werben. Selbst wenn sich die Jugendoffiziere dennoch im Sinne des Beutelsbacher Konsenses um eine Kontroverse bemühen: Die Gegenposition zur Konfliktbewältigung mit militärischen Mitteln wird eben besser durch Angehörige ziviler Organisationen vertreten.
Ich setze mich daher dafür ein, dass zu Veranstaltungen mit Jugendoffizieren z.B. Vertreterinnen und Vertreter der Friedensbewegung hinzugezogen werden. Hier ist die veranstaltende Einrichtung auch stark in der Verantwortung, denn selbst wenn die Bundeswehr als Veranstalter des POL&IS-Planspiels z.B. an einer Schule auftritt, tut sie dies nur auf Einladung eben dieser Schule. Für die Gestaltung der Veranstaltung behält das Lehrpersonal daher letztendlich die Verantwortung und darf sie auch nicht aus der Hand geben. Der Staat sollte Veranstalterinnen und Veranstalter solcher Diskussionen und Planspiele aber wenigstens insofern unterstützen, als dass er Vertreterinnen und Vertretern ziviler Organisationen Mittel für Besuche an Bildungseinrichtungen zur Verfügung stellt. So plant es beispielsweise derzeit das Land Nordrhein-Westfalen. Die Landesregierung will zudem die bestehende Kooperationsvereinbarung zwischen Kultusministerium und Bundeswehr dahingehend verändern, dass die Bundeswehr nur noch gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertreter der zivilen Organisationen an Schulen geht.
Mit freundlichen Grüßen,
Hans-Josef Fell