Frage an Hans-Josef Fell von Stephan F. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Fell,
Das Energiekonzept der Bundesgrünen sieht ja eine CO2-freie Stromversorgung bis 2030 vor. Aber welchen Wert hat ein solches Konzept, wenn es die Grünen auf kommunaler Ebene missachten?
Hier in Kiel haben die Grünen den Beschluss gefasst,
- ein 400-MW-Gas-und-Dampf-Kraftwerk zu bauen und bis 2050 laufen zu lassen (ein Betrieb mit Biogas kommt in diesen Dimensionen nicht in Frage)
- das städtische Fernwärmenetz für den Betrieb dieses Kraftwerks weiter auszubauen.
- Windenergie kommt im Konzept der hiesigen Grünen nur in homöopathischen Dosen vor. Das liegt daran, dass der Import von Windstrom abgelehnt wird und im Stadtgebiet nur geringe Kapazitäten aufgebaut werden können.
Hier der Beschluss:
Da er sich auf Empfehlungen eines von der Stadt in Auftrag gegebenen Gutachtens bezieht, füge es mit an:
http://www.kiel.de/Aemter_01_bis_20/18/Klimaschutz/Energiekonzept/Gutachterempfehlungen_2010.pdf
Auf S.31 dieses Gutachtens sieht man, dass das GuD-Kraftwerk noch 2050 mit 5.834 Jahresvollaststunden bezogen auf die Stromerzeugung laufen soll. Ein Lastfolgebetrieb in Ergänzung zu Windstrom wird in diesem Gutachten nicht einmal thematisiert. Die Kieler Grünen wollen ohne Abstriche die Gutachterempfehlungen umsetzen.
Da mit dem Bau des Kraftwerks Fakten geschaffen werden, dürfte eine Stromerzeugung mit 100% EE bis 2030 nicht mehr realisierbar sein. Das GuD geht frühestens 2015 in Betrieb und wäre 2030 noch nicht abgeschrieben. Allein dadurch entstehen unumkehrbare Zwänge.
Erhält das Energiekonzept der Bundesgrünen nicht den Charakter eines Lippenbekenntnisses, wenn es durch Grüne Kommunalpolitik konterkariert wird? Da über den Bau von Kraftwerken ja nicht im Bundestag entschieden wird, frage ich Sie: In welcher Weise können die Bundesgrünen überhaupt auf die Umsetzung ihres Konzepts hinwirken?
Viele Grüße von
S.F.
Sehr geehrter Herr Fleischhauer,
Vielen Dank für Ihre Anfrage.
Das geplante Kieler Energieversorgungskonzept (EVKK) hat hinsichtlich der CO2-Reduzierung das Zwischenziel minus 40% bis 2020 und langfristig minus 80-90%.
Beim hier kritisierten "Kieler Gutachten" wird das Zwischenziel bei Umsetzung aller Maßnahmen sogar übertroffen. Ob hinsichtlich der vorgeschlagenen 400 MW-GuD-Anlage (Gas- und Dampfturbinen-Prozess-Kraftwerke) das langfristige Ziel erfüllt werden kann, ist in der Tat offen.
Die Kieler Grünen haben sich in ihrem Beschluss ausdrücklich NICHT auf eine GuD-Größe von 400 MW festgelegt. Aus dem Beschluss wird ersichtlich, dass das Schwergewicht der Umsetzung auf die Maßnahmen zur Energieeinsparung und Effizienzsteigerung gelegt wird. Die Kieler Grünen haben immer darauf hingewiesen, dass die Entscheidungen auch im Zusammenhang mit möglichen Strom- und Wärmepreisentwicklungen sowie den Erträgen der Stadtwerke Kiel gesehen werden müssen. Ersteres ist für die generelle Akzeptanz durch die Bevölkerung wichtig, zweiteres für den Haushalt der Stadt Kiel, dort hinein fließt 49% der Stadtwerke-Dividende.
Es ist richtig, dass die Grundlage und Perspektive des EVKK nicht deckungsgleich ist mit der Grünen-Beschlusslage auf Bundesebene. Es war jedoch nicht das Auftragsziel der Gutachten die Versorgung mit 100% Erneuerbaren Energien bis 2030 zu erreichen. Es ist jedoch bei langfristiger Betrachtung auch auf Basis der Kieler Gutachtervorschläge möglich, die Klimaziele 2050 in Kiel zu erreichen, und es besteht insoweit kein Widerspruch zwischen den Bundesgrünen und den Kieler Grünen.
Ich hoffe ich konnte Ihnen weiterhelfen.
Mit freundlichen Grüßen
Hans-Josef Fell MdB