Frage an Hans-Josef Fell von Heike Pauline G. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Fell,
Ihre Antwort an mich (bzw. die Ihres Teams) vom 19.05.2009 zum Thema Tierversuche hat mir ganz gut gefallen – inhaltlich und vom Ton, der bekanntlich die Musik macht. Leider kann ich dies vom Büroteam Ihrer Bundesvorsitzenden, Claudia Roth, nicht behaupten. Regelmäßig werden mir dort meine Fragen NICHT beantwortet und noch dazu auf eine Art und Weise, die nicht geeignet ist, mich als Wählerin (wieder) zu gewinnen.
Ich hoffe deshalb, von Ihnen nun eine klare Antwort auf folgende Fragen zu erhalten:
1) Werden die Grünen – und wenn ja, ab wann und womit – eine wesentlich härtere Gangart gegen Tierversuche einschlagen? Wer steif und fest behauptet, GEGEN Tierversuche zu sein und damit (Büroteam Roth) offensichtlich eine jährliche Einsparung von 10 % – und nicht etwa 90 % – meint, der verwechselt GRÜN mit SCHWARZ. Das ist doch eine empörende Farce!
2) Werden die Grünen friedliche, aber provokante Aktionen zivilen Ungehorsams gegen Tierversuche, die mit dem herrschenden Gesetz in Konflikt geraten, sowie dafür eingerichtete Rechtshilfefonds durch Solidarisierungsbekundungen und finanzielle Hilfe unterstützen oder tun sie dies schon? Es wäre meiner Ansicht nach ein Skandal, als grüne Partei Tierrechts-AktivistInnen, die ihre eigene Haut zu Markte tragen, im Regen stehen und die ethisch erforderliche Drecksarbeit erledigen zu lassen.
3) Vom Claudia Roth’schen Büro-Team werde ich immerfort an die tierschutzpolitische Sprecherin verwiesen. Hat diese die Kompetenz über die Fragen 1) und 2) zu entscheiden? Wenn nein, wer dann?
Mit Grüßen, die hoffentlich nicht nur unter das Fell, sondern auch unter die Haut gehen
Heike Pauline Grauf
P.S.: Ich lege Wert darauf, daß die Person aus Ihrem Team, die meine Anfrage beantwortet, auch persönlich mit Namen zeichnet. Danke.
Sehr geehrte Frau Grauf,
Im Bereich der wissenschaftlichen Nutzung von Tieren gibt es einen kaum erträglichen Widerspruch.
Auf der einen Seite sind bei der Entwicklung und Validierung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zum Tierexperiment geradezu rasante Fortschritte zu verzeichnen. Auf der anderen Seite nehmen aber die Zahlen der Wirbeltiere, die in Tierexperimenten verwendet und getötet werden, von Jahr zu Jahr zu: Waren es im Jahr 2000 noch 1,83 Millionen, so ist diese Zahl 2004 schon auf 2,27 Millionen angestiegen, 2007 waren es bereits 2,41 Millionen.
Bündnis 90/Die Grünen wollen die vollständige Abschaffung aller Tierversuche. Wir wollen weder versuche an Affen noch an Katzen noch an Hunden oder anderen Tieren. Darum fordern wir, dass Tierversuche grundsätzlich verboten werden müssen. Ausnahmen dürfen nur dort gemacht werden, wo es keine Alternativen gibt, die Gesundheit von Mensch und Tier zu schützen. Ob die Ausnahme wirklich begründet ist, muss von der Zulassungsbehörde in eigener Zuständigkeit geprüft und festgestellt werden. Dies darf nicht länger lediglich der Darlegung des jeweiligen Tierexperimentators überlassen werden. Versuche an Menschenaffen sind sofort und vollständig zu verbieten.
Darüber hinaus fordern wir eine stärkere Förderung der Entwicklung von Alternativ- und Ersatzmethoden in der Forschung und deren schnellen und verbindlichen Einsatz in der Praxis.
Diese Forderungen stehen neben anderen Maßnahmen auch in unserem Entwurf zur Novelle des Tierschutzgesetzes, dass wir in der nächsten Legislaturperiode zur Abstimmung stellen werden.
Eine jährliche Reduktion der Tierversuche von 10 Prozent ist natürlich nur der Einstieg in den Ausstieg. Allerdings ist es angesichts der momentanen Situation, in der die Tierversuchszahlen weiter ansteigen und auf europäischer Ebene die Tierversuchsrichtlinie durch das EU-Parlament eher verwässert als verschärft wird, ein deutlicher Schritt in die richtige Richtung. Mir ist im Übrigen nicht bekannt, dass sich die Schwarzen für eine quantitative Reduzierung oder auch nur ein Verbot von Tierversuchen an Menschenaffen aussprechen.
Für Bündnis 90/Die Grünen ist der Tierschutz ein zentrales Anliegen. Dieses verfolgen wir seit Jahrzehnten in unserer parlamentarischen Arbeit sowohl auf regionaler, landes-, bundes- und europäischer Ebene. Ebenso setzen wir uns als Grüne auch durch die Teilnahme an Demonstrationen und anderen Formen der öffentlichen Meinungsäußerung für die Stärkung der Tierrechte ein. Etwas zu bewegen gelingt meist nur, wenn verschiedene Akteure an unterschiedlicher Stelle mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln für dieselbe Sache kämpfen. Nur gemeinsam ist es uns gelungen, den Tierschutz als Staatsziel im Grundgesetz zu verankern. Gemeinsam müssen wir daran arbeiten, dass dieses Staatsziel im Tierschutzrecht nun konsequent umgesetzt wird und unter anderem Tierversuche endlich verboten werden.
Wenn Sie meine Kollegin Claudia Roth an die tierschutzpolitische Sprecherin Undine Kurth verweist, so liegt das daran, dass Frau Kurth die Person mit der höchsten tierschutzpolitischen Fachkenntnis der Fraktion ist und Ihnen bei Fachfragen die schnellsten und weitreichendsten Auskünfte erteilen kann.
Mit freundlichen Grüßen
Hans-Josef Fell