Frage an Hans-Josef Fell von Daniel G. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Fell,
die AOK will jetzt die Qualität von Ärzten über ein Internetportal von den Patienten bewerten lassen. Dies ist ja nicht die erste Internetplattform, die sich mit Bewertungen von Berufsgruppen beschäftigen wird (vgl. spick mich , mein prof, etc.).
Allerdings sind dies ja bisher zumeist Seiten, denen man guten Gewissens keine Seriösität unterstellen kann (was sie dennoch meiner Meinung nach nicht unbedingt besser macht).
Mit der neuen "Idee" der AOK wird hier aber denke ich doch eine gewisse Grenze überschritten, denn wie soll ein medizinischer Laie - wie ich auch einer bin - denn in der Lage sein, die Leistung eines Arztes adäquat zu bewerten?
Meine Frage an Sie lautet daher:
Wie stehen Sie und Ihre Partei zu diesem Vorhaben und kann die Politik diesen Kontroll- und Überprüfungs- bzw. Bewertungswahn in Deutschland nich wieder in geordnete Bahnen lenken?
Mit freundlichen Grüßen,
Daniel Glaser
PS: Die Frage nach Datenschutz- und Grundrechtseinschränkungen, die ebenfalls mit diesem Thema eng verknüpft sind, habe ich zunächst bewusst nicht angesprochen.
Sehr geehrter Herr Glaser,
eine wirkliche Bewertung des Portals ist erst möglich, wenn klar ist, nach welchen Kriterien vorgegangen wird.
Grundsätzlich stehen wir der Idee positiv gegenüber und es gibt positive Erfahrungen aus dem Ausland mit solchen Portalen (Niederlande) und ein großes Bedürfnis von Versicherten für ein solches Portal.
Da auch das Ärztliche Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ) (getragen von der Bundesärztekammer (BÄK) und der Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV)) eine Checkliste herausgibt, wie eine gute Arztpraxis zu finden ist, scheint es auch aus ärztlicher Sicht Kriterien zur Bewertung durch PatientInnen zu geben.
Eine Bewertung z.B. des Kommunikationsverhaltens (habe ich die Diagnose verstanden, bin ich über Behandlungsalternativen, die Chancen und Risiken (z.B. Nebenwirkungen oder Wirkung nur bei bestimmten Gruppen) aufgeklärt worden) und der Frage, ob die PatientInnen eine bewusste Entscheidung für oder gegen die Behandlung getroffen haben, sind sinnvoll und es hapert in der Praxis leider oft. Sehr viel schwieriger dürfte eine Bewertung der medizinischen Behandlung sein. Hier dürfte es sinnvoll sein, zusätzliche andere Quellen heranzuziehen (nimmt der Arzt/die Ärztin an Qualitätszirkeln teil, ...)
Soweit uns bekannt, sollen Bewertungen erst online gestellt werden, wenn einen ausreichende Zahl an Bewertungen vorliegen. Der Missbrauch durch verärgerte PatientInnen oder andere ÄrztInnen soll soweit möglich verhindert werden (z.B. Angabe der Versicherungsnummer bei der Abgabe der Bewertung, keine freie Bewertungsmöglichkeit sondern Kriterienkatalog der angekreuzt wird). Der Datenschutz dürfte in einem solchen System deutlich besser gewährleistet sein als in den genannten Portalen wie "spick mich". Außerdem wird der BGH in der nächsten Woche ein Urteil zu einer Bewertung eines Lehrers in spickmich.de treffen, dass viele Aspekte klären wird und von der AOK mit Sicherheit intensiv ausgewertet werden wird.
Freundlicher Gruß
Hans-Josef Fell MdB